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FIDE Grand Prix Berlin Runde 6: Nakamura und Rapport sind für das Kandidatenturnier qualifiziert

FIDE Grand Prix Berlin Runde 6: Nakamura und Rapport sind für das Kandidatenturnier qualifiziert

chansen64
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Hikaru Nakamura konnte in der sechsten Runde beim FIDE Grand Prix in Berlin seine dritte Partie in Folge gewinnen. Damit gewinnt der amerikanische Großmeister die Gruppe A, steht im Halbfinale und ist neben Richard Rapport für das FIDE Kandidatenturnier qualifiziert. In der Gruppe B konnte Vincent Keymer seine zweite Partie in diesem Turnier gewinnen und da Shakhriyar Mamedyarov nicht über ein Remis hinauskam, spielen die heute, am Dienstag, dem 29. März ein Schnellschach-Playoff um den Einzug ins Halbfinale.

Ebenfalls ins Playoff müssen Wesley So und Sam Shankland. Die beiden hatten sich bereits vor der letzten Runde die Tabellenführung in der Gruppe C geteilt und da beide Remis spielten, hat sich an dieser Situation nichts geändert. Eine Sensation schaffte der Iraner Amin Tabatabaei. Der Spieler mit der niedrigsten Elo in diesem Turnier konnte in der letzten Runde mit Schwarz gegen Anish Giri gewinnen und steht damit direkt im Halbfinale.

Das Playoff beginnt am Dienstag, dem 29. März, um 15.00 Uhr.

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Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Die deutschsprachigen Übertragungen mit Kommentaren von IM Steve Berger findet Ihr auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live.
Hier seht Ihr eine Aufzeichnung der Übertragung der sechsten Runde:


Gruppe A

Der Comebacker vom Dienst hat wieder zugeschlagen. Durch seinen Sieg in der letzten Runde gegen den gut vorbereiteten, 20-jährigen russischen Großmeister Andrey Esipenko hat Hikaru Nakamura das Ticket ins Halbfinale gelöst. Da zeitgleich seine größten Konkurrenten um den Grand-Prix-Gesamtsieg ausgeschieden sind, steht er auch als Teilnehmer des Kandidatenturniers 2022, das diesen Sommer in Madrid ausgetragen wird, fest.

Levon Aronian wurde bereits beim ersten Grand-Prix Turnier in Berlin mit Nakamura in eine Gruppe gelost und musste sich seinem Landsmann erst im Schnellschach-Playoff geschlagen geben. Dieses Turnier begann er mit einem Sieg über Nakamura und vor der letzten Runde teilten sich die beiden Kontrahenten die Tabellenführung.  Sein Gegner Grigoriy Oparin war durch seine Niederlage in der fünften Runde gegen Nakamura in eine sehr schlechte Ausgangslage geraten und musste gegen Aronian unbedingt gewinnen, wenn er nicht seine Koffer packen wollte. Aber auch Aronian stand unter Druck und musste gewinnen, um vielleicht ein Playoff vermeiden und sich direkt für das Halbfinale qualifizieren zu können.

Aronian rückt vor der Partie die Figuren zurecht. Foto: World Chess.

Nach Abschluss seiner eigenen Partie spekulierte Nakamura, dass dies womöglich der Grund gewesen sein könnte, warum Aronian mit 11…h6 und 12…g5 den höchst provokativen Ansatz gegen Oparins Katalanische Eröffnung wählte, der bestenfalls riskant und schlimmstenfalls ein tollkühnes Wagnis ist. Oder war es etwa wieder eine Idee aus Aronians Trickkiste, ähnlich wie sein Feuerwerk gestern gegen Esipenko?

Nach der Partie erklärte Oparin, dass er diese Idee kennt und sie für durchaus anständig hält. Durch einen aggressiven Konter sicherte er sich aber einen klaren Vorteil und von da an verschlechterte sich Aronians Stellung zusehends und kurz vor dem Schachmatt gab er die Partie auf. Schade für Aronian, aber ein schöner Abschluss des Turniers für Oparin, der gezeigt hat, dass er in dieser Liga definitiv mithalten kann.

Ein Brett daneben spielte Nakamura gegen Esipenko, der sich auf das Läuferspiel ja gleich zwei Tage vorbereitet hatte.  Nakamura sagte nach der Partie: "Das ist eine ziemlich harmlose Wahl. Da gibt es schärfere Eröffnungen."

Es schien jedoch zu funktionieren, denn Esipenko hatte nach der Eröffnung einen Vorteil, der ihm jedoch bald aus den Händen glitt und ein Nakamura konnte die Stellung mehr oder weniger ausgleichen. Aber Ausgleich hin oder her. Beide Spieler schienen auf mehr zu drängen, was dazu führte, dass die Stellung nie lange ruhig blieb. Manchmal sah es für Nakamura ziemlich beängstigend aus, aber sein Zug 27…f5 löste die Mehrzahl der unmittelbaren Probleme, mit denen er konfrontiert war.

Das "Fernduell" um den Gruppensieg in der Gruppe A. Foto: World Chess.

Esipenkos Qualitätsopfer 33.Txf4 sah dann vielversprechender aus, als es in Wirklichkeit war.

Er hätte dann zwar noch 35.Txe8 spielen und sich mit 35...Dxe8 36.Dxd6 im Wesentlichen ein Remis sichern können, aber Esipenko wollte mehr. Nakamura nahm seinen Gegner nach der Partie in Schutz und erklärte: "Wenn man die ganze Partie drückt, ist es schwierig, auf einmal den Schalter umzulegen und auf ein Remis zu spielen."

Mit dem starken Zug 37...h5 übernahm Nakamura dann endgültig die Kontrolle über die Partie und kurz darauf warf Esipenko das Handtuch.

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Gruppe B

Wenn bei einem Turnier die Sofia-Regeln greifen, die Remisangebote vor dem 30. Zug verbieten, erwartet man zumindest einen Anschein eines Kampfes. In der Partie zwischen Mamedyarov und dem glücklosen Daniil Dubov war das aber nicht der Fall. Bereits ab dem 10. Zug begannen die Spieler Züge zu wiederholen. Eine bizarre Entscheidung von Mamedyarov, denn dieses blitzschnelle Remis bedeutete, dass sich der aserbaidschanische Großmeister damit zufriedengab, entweder gegen Dominguez oder Keymer ein Playoff zu spielen. Er riskiert aber sogar aus dem Turnier auszuscheiden, falls Dominguez gegen Keymer gewinnen sollte.


In der anderen Partie spielte der Mainzer Vincent Keymer gegen das Angenommene Damengambit von Dominguez eine ziemlich langweilige Variante, konnte aber dennoch einen leichten Druck aufbauen. Als Keymer damit begann, seine Figuren mit Sd2-e4-g3-h5 und Db1-e4-g4 in Richtung des schwarzen Königs zu verschieben, wurde aber mehr daraus und plötzlich sah der Angriff von Weiß sehr bedrohlich und ziemlich konkret aus.

Keymer war in Bestform. Foto: World Chess.

Ich vermute, dass der Versuch von Schwarz, den weißen Angriff mit 20...Sxe5 zu zerstreuen, auf einer Fehleinschätzung beruhte. Vielleicht hat er aber auch Keymers Zug 22.Ld4 einfach nicht gesehen. Auf jeden Fall kostete Schwarz diese Entscheidung eine Qualität und trotz aller Bemühungen von Dominguez gab Keymer diesen Vorteil nie mehr auf und verwandelte ihn schließlich in einen vollen Punkt. Dadurch kann sich Keymer im Playoff gegen Mamedyarov einen Platz im Halbfinale sichern.

 

Gruppe C

Zwei Remis in der letzten Runde bedeuteten, dass das amerikanische Duo So und Shankland im Playoff um einen Platz im Halbfinale kämpfen werden. Der Weg zu den beiden Remis war aber grundverschieden.

Wesley So spielte mit Weiß gegen Alexandr Predke und entschied sich für die Hauptvariante der spansichen Eröffnung und Predke entschied sich für die Zaitsev Variante, die er schon vorher in diesem Turnier gegen Maxime Vachier-Lagrave gespielt hatte. So sicherte sich einen kleinen Vorteil und konnte ihn bis zum 31. Zug stetig ausbauen. Dann spielte er aber den Zug 32.h4 und der ermöglichte Schwarz das brillante Manöver 32...Da2-a8-c8-g4. Danach hatte Schwarz genügend Gegenspiel, um die Stellung Remis zu halten.

Predke (links) und So nach der Partie. Foto: World Chess.

In der anderen Partie spielte Sam Shankland mit Weiß gegen Vachier-Lagrave und musste sich mit dem russischen System der Grünfeld-Verteidigung und einer ähnlichen Stellung die Yu Yangyi und Giri vor ein paar Tagen auf dem Brett hatten, beschäftigen.

Nach der Partie gab Shankland zu: "... offensichtlich war ich erwischt worden und ich hatte Angst, dass ich verlieren würde, ohne dass Maxime selbst etwas dafür tun müsste." Trotzdem schaffte Shankland den Drahtseilakt über die Schlucht zu einem Dauerschach.

Gruppe D

Vor der heutigen Runde hatten alle 4 Spieler 2.5 Punkt auf ihrem Konto. Tabatabaei packte die Gelegenheit beim Schopf und zog ins Halbfinale ein.

Yu konnte vor seiner Partie gegen Nikita Vitiugov mit seinem bisherigen Turnierverlauf nicht zufrieden sein, denn in den letzten beiden Partien hatte er zwei offensichtliche Gewinnstellungen zu Remis vergeigt.

Yu vergab bei diesem Turnier viele Chancen. Foto: World Chess.

Wie schon beim letzten Grand-Prix Turnier in Belgrad, als er vor seiner letzten Partie in einer ähnlichen Situation war, entschied er sich für die spanische Eröffnung, aber im Gegensatz zu seiner Partie gegen Predke in Belgrad erzielte er in Berlin gegen Vitiugov überhaupt nichts. Schwarz glich locker aus und Weiß musste eine Zugwiederholung erzwingen.

Gestern konnte sich Tabatabaei in einer klar verlorenen Stellung gegen Yu in ein Remis retten und heute musste er mit Schwarz gegen Giri antreten. Keine beneidenswerte Aufgabe und erst Recht nicht für jemanden, der 150 Elo-Punkte weniger hat und auch gewinnen muss, um ins Halbfinale einzuziehen.

Tabatabaei stand vor einer schwierigen Aufgabe. Foto: World Chess.

Trotzdem konnte der junge Iraner schnell ausgleichen und als Giri 19.h4 gespielt hatte, ging es für Weiß schnell bergab. Das lag aber vor allem daran, dass Tabatabaei eine wirklich schöne Partie spielte.

Nach der Partie sagte ein sichtlich aufgeregter und überglücklicher Tabatabaei, dass er noch nie gegen einen so starken Gegner gewinnen konnte und fuhr fort: "Ich bin jetzt sehr stolz. Die Tatsache, dass ich mich in einer so starken Gruppe qualifiziert habe. Ich meine, es ist mir eigentlich egal, was als nächstes passiert – ich bin einfach nur dankbar für das, was passiert ist."

... I should be grateful for what has happened.
—GM Amin Tabatabaei

Ergebnisse & Tabellen

Alle Partien der sechsten Runde

Der FIDE Grand Prix in Berlin ist das dritte und letzte Turnier des FIDE Grand Prix 2022. Es findet vom 22. März bis um 4. April statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 14.00 Uhr.


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