Schach in Coronazeiten - Das Open in Ortenburg
Wir schreiben das Jahr 2020 und fast alle Schachturniere auf der ganzen Welt wurden abgesagt. Der ganzen Welt? Nein! Ein kleines unbeugsames Dorf in der Nähe von Passau hat beschlossen, sich dem Virus entgegenzusetzen und ein Schach-Open auszurichten!
Als wir diese Ausschreibung entdeckt hatten, haben wir uns natürlich sofort angemeldet und 4 der 60 Teilnehmerplätze ergattert. Moritz und Arthur von der Schachunion Ebersberg spielten genau wie ich im A-Turnier und mein Mannschaftskollege Wolfgang vom TSV Poing im B-Turnier.
Ortenburg ist von München aus in ca. 2 Stunden erreichbar, aber wir fuhren natürlich einen kleinen Umweg über Braunau. Schließlich ist der Sprit in Österreich 25 Cent pro Liter billiger und auch bei einer Stange Zigaretten spart man sich 15 Euro. Dafür fährt man doch gerne 10 km Umweg, oder?
Wolfgang war der top-gesetzte im B-Turnier und wurde in der ersten Runde seiner Favoritenrolle gerecht. Moritz, Arthur und ich waren in der unteren Hälfte im A-Turnier gesetzt und mussten uns mit entsprechend schweren Gegnern rumschlagen.
Ich habe gleich super losgelegt und mir den Skalp eines CM geholt, der mir allerdings auch voll in eine Eröffnungsvorbereitung gelaufen ist. Moritz hat leider verloren aber Arthur konnte gegen IM Christoph Singer vom FC Bayern immerhin die längste Partie der ersten Runde spielen und er stand sogar bis 3 Züge vor seiner Aufgabe noch auf 0.00!
Tja, Endspiele haben einfach den Teufel gesehen...
IM Christoph Singer
Danach hab ich meinen Sieg ausgiebig an der Hotelbar gefeiert, was ich besser nicht tun hätte sollen, denn bei einer Raucherpause (Frischluft!!!) verlor ich plötzlich mein Gleichgewicht und geriet in die Fänge eines furchterregenden fleischfressenden Busches. Irgendwie gelang es mir, mich aus den Fängen des Busches zu befreien, aber bei meinem Überlebenskampf habe ich mir ungefähr jeden Knochen meines Körpers geprellt und konnte die ganze Nacht vor lauter Schmerzen nicht schlafen.
Der fleischfressende Busch
Total übermüdet ging ich dann am nächsten Morgen in Runde 2, wo ich natürlich absolut elan- und ideenlos gespielt und relativ chancenlos verloren habe.
Meine Kollegen hatte alle geschlafen und deutlich bessere Ergebnisse erzielt.
Wolfgang gewann seine zweite Partie in Serie. Arthur gewann ebenfalls und Moritz holte sich immerhin seinen ersten halben Punkt.
Wolfgang startete mit 2 Siegen in das Turnier
Für die dritten Runde ließ ich mich dann nicht auslosen und ging - vollgepumt mit Schmerzmittel - ins Bett. Verpasst habe ich dabei 2 Remis von Arthur und Wolfgang und eine weitere Niederlage von Moritz.
Hauptschiedsrichter Manuel Schneider war ganz froh, dass ich die dritte Runde nicht spielte. Aufgrund einer ungeraden Teilnehmerzahl in dieser Runde hätte ansonsten ein Teilnehmer spielfrei gehabt.
Die nächste Nacht verlief wieder schrecklich. Da ich am Nachmittag 5 Stunden geschlafen hatte, war ich jetzt überhaupt nicht mehr müde und konnte wieder die halbe Nacht nicht einschlafen. Erneut übermüdet versemmelte ich dann eine Stellung, die 90 von 100 Spielern gewinnen und 9 Remis spielen. Und der hundertste bin ich... Wolfgang und Moritz erging es nicht besser als mir, aber immerhin konnte Arthur unsere Ehre mit einem Sieg retten.
Zu einer ganze besonderen Premiere kam es in Runde 5. Der Kanadier Nicolas Andrews lebt in Berlin und war extra für dieses Turnier nach Niederbayern gekommen. Er hat vor etwa 1.5 Jahren auf Chess.com Schach gelernt und spielte jetzt sein erstes Turnier. Seinen ersten offiziellen Sieg seines Lebens brachte er dann auch noch mit einem erstickten Matt unter Dach und Fach!
Nicolas Andrews
Moritz hatte zu diesem Zeitpunkt aber schon genug vom Turnier gehabt und bereits seine Heimreise angetreten und auch ich habe beschlossen, dass ich meine Zeit besser mit dem Schreiben dieses Berichtes vergeude, als mich ein weiteres Mal am Brett abwatschen zu lassen.
Arthur hatte sich mittlerweile bis an Brett 4 vorgearbeitet, wo er aber dann FM Reiner Huch zum Sieg gratulieren musste und auch Wolfgang konnte seine letzte Partie nicht gewinnen und schrammte ebenfalls am Preisgeld vorbei.
Schön wars aber trotzdem und das Turnier in Ortenburg, das schon zum 14. Mal ausgerichtet wurde, ist absolut empfehlenswert.
Gewonnen hat übrigens der an Nummer 7 gesetzte Dieter Einwiller vom SF Pfullingen. Da bleibt mir nur noch, dem Dieter zum Turniersieg zu gratulieren und die Erkenntnis, dass man seine Siege vielleicht besser erst nach dem Turnier und nicht direkt nach einer Partie feiern sollte.
Alfons Breu aus Trostberg haben wir schon bei vielen Turnieren getroffen...
...sein Vereinskollege FM Reiner Huch war Arthur in der letzten Runde überlegen.
Paul Helmbrecht vom FC Ergolding gewann den U14 Preis.
Aufgrund der großen Abstände zwischen den Brettern konnten dieses Jahr nur 60 Teilnehmer mitspielen.