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Weltmeister Carlsen gibt gegen Niemann nach seinem 1. Zug auf
The world champion refused to play again. Photo: Maria Emelianova/Chess.com.

Weltmeister Carlsen gibt gegen Niemann nach seinem 1. Zug auf

PeterDoggers
| 1 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Am zweiten Tag des  Julius Baer Generation Cups, einem hoch dotierten Online-Turnier, das auf Chess24 gespielt wird, versetzte Weltmeister Magnus Carlsen die Schachwelt erneut ins Staunen, da er in der mit Spannung erwarteten Partie gegen Hans Niemann nur einen Zug spielte - und dann aufgab.

Danach wurde es fast zur Nebensache, dass Arjun Erigaisi das Turnier mit 17 Punkten vor Praggnanandhaa R. und Carlsen, die sich beide 15 Punkte erspielt haben, anführt.

Wollt Ihr das Turnier ansehen? Alle Partien des Julius Baer Generation Cups findet Ihr hier. Die Runden beginnen jeden Tag um 18:00 Uhr.


Das Carlsen-Niemann-Drama flammte am Montag erneut auf, als der Weltmeister die Partie nach seinem ersten Zug aufgab, seine Kamera abschaltete und Kommentatoren und Fans schockiert zurückließ. Der vollständige Partieverlauf lautet 1.d4 Sf6 2.c4, 1-0.

Die Reaktionen aus der Schachwelt waren gegenüber Carlsen weniger wohlwollend als vor zwei Wochen, als er beim Sinquefield Cup ausgestiegen war. Während einige darauf hinwiesen, dass er mit seiner Entscheidung, seinem Gegner einen Sieg zu schenken, den gesamten Turnierverlauf beeinflusst hat, forderten andere, dass Carlsen endlich eine Erklärung abgibt. Der Norweger hat jedoch bereits angekündigt, während dieses Turniers keine Interviews zu geben.

Hier sind einige Reaktionen von Twitter:

IM Levy Rozman weist darauf hin, dass Schach trotz dieses "kleinen Dramas" trotzdem ein wunderbares Spiel ist.

Für Rauf Mamedov ist Carlsen definitiv ein Held.

Maurice Ashley ist geschockt, dass so etwas überhaupt passieren kann.

Chris Bird weist darauf hin, dass laut den für dieses Turnier geltenden Bestimmungen "Spieler keine Maßnahmen ergreifen dürfen, die das Schachspiel in Verruf bringen".

Und Ben Finegold fand, dass Niemann zwar erneut eine perfekte Partie gespielt hat, Carlsen die Stellung aber noch weiterspielen hätte können und empfiehlt insbesondere Anish Giri, sich diese Partie von Niemann zum Beispiel zu nehmen.

Levon Aronian, der sich in St. Louis noch für Niemann starkgemacht und seine Kollegen "etwas paranoid" genannt hatte, äußerte sich diesmal etwas anders. In der Live-Übertragung sagte er: "Ich verstehe den Frust von Magnus. Ich habe von vielen Dingen nicht gewusst und jetzt hat sich meine Meinung etwas geändert. Ich weiß jetzt, dass Hans zumindest im Online-Schach nicht immer der sauberste Spieler war. Er ist aber noch jung und das wird ihm sicher eine Lehre sein."

Dann fügte er noch hinzu: "Seit ich mich mit einigen Leuten von Schachservern unterhalten habe, weiß ich, dass Hans mehrfach betrogen hat. Ich denke, Magnus hat damit ein wirklich großes Problem. Heute hat er aber nur gesagt: 'OK, gegen diese Person will ich nicht spielen.'"

Anish Giri sagte über Carlsens Weigerung, gegen Niemann zu spielen: "Es sieht so aus, als würde er ihm eindeutig etwas unterstellen, aber bis man jemanden erwischt, kann man nichts machen. Es sieht jetzt nur sehr seltsam aus. Klar, wenn Hans wirklich betrügen sollte und Carlsen deshalb nicht gegen ihn spielen will, würde alles Sinn ergeben.  Aber wenn er es nicht macht, ist es wirklich sehr falsch."

Laut dem holländischen Großmeister kommt Betrugsverdacht bei Spitzenspielern häufiger vor, als es die Außenwelt wahrnimmt. "Es gibt immer Probleme damit. Ich habe von meinen Kollegen gehört, dass viele Spitzenspieler andere des Betrugs verdächtigen. Das ist immer im Raum. Bei anderen Sportarten ist es aber dasselbe mit Doping oder was auch immer. Man darf sich aber von solchen Gedanken nicht ablenken lassen, obwohl es sehr beunruhigend ist."

"The show must go on," waren die anderen Worte von Giri und das ist dann auch geschehen. Carlsen, der seine erste Partie des Tages gegen David Navara remisiert hatte, war durch die Niederlage gegen Niemann auf den vierten Platz zurückgefallen, schlug aber in der siebten Runde mit einer exzellenten Partie gegen Aronian zurück.

Giri: "Es ist ziemlich interessant, dass er in der Partie direkt danach so gut gespielt hat. Ich dachte, er könnten davon beeinflusst sein, aber er war einfach völlig cool. Er ist wirklich ein ganz besonderer Mensch."

Carlsens Partie in der achten Runde gegen Praggnanandhaa war nicht minder faszinierend. Der 17-jährige Inder, der den Weltmeister online schon mehr als einmal geschlagen hat, opferte bereits im siebten Zug eine Qualität und stand kurz vor einem weiteren Sieg, aber dann endete die Partie schließlich doch mit einem Remis. Noch vor laufender Kamera zeigte Carlsen seinem Gegner einen Daumen nach oben.

Carlsen applause Praggnanandhaa Julius Baer
Carlsen war von Praggnanandhaas Spiel beeindruckt. Bild: Champions Chess Tour.

Derweil hat ein weiterer aufstrebender Star aus Indien die Tabellenführung übernommen: Erigaisi. Am zweiten Tag schlug der 19-Jährige aus Warangal zuerst Niemann und Aronian und sicherte sich dann zwei Remis am Ende einen Zwei-Punkte-Vorsprung.

Julius Baer Generation Cup | Die Tabelle nach dem 2. Tag

Alle Partien des zweiten Tages

Der Julius Baer Generation Cup ist das siebte Turnier der Champions Chess Tour und wird vom 18. bis zum 25. September auf chess24 gespielt. In der Vorrunde spielten 16 Spieler ein Rundenturnier mit einer Bedenkzeit von 15+10. Die besten 8 Spieler qualifizieren sich für die K.o.-Phase, in der Schnellschach-Duelle über 4 Partien gespielt werden. Das gesamte Turnier ist mit $150.000 dotiert.


Der Bericht der ersten Runde:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms.

Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools.

Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013.

As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

In October, Peter's first book The Chess Revolution will be published!


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