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Die 10 besten Partien des Jahres 2018

Die 10 besten Partien des Jahres 2018

MikeKlein
| 62 | Spaß und Wissenswertes

Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende zu. An welches Ereignis werden sich die Schachfans am meisten erinnern? An das Remisfestival von London? Ding Lirens unglaubliche Serie ohne Niederlage? An den Machtwechsel bei der FIDE? An Musik als Geheimwaffe bei E-Sport Events?

Die Zeit wird es zeigen, aber vorerst lassen wir die Nebenkriegsschauplätze Nebenkriegsschauplätze sein und konzentrieren uns auf die Schlachten, die an den Schachbrettern ausgetragen wurden. @peterdoggers, @danielrensch, @samcopeland, @Luisfsiles, @rakesh, @pete und @mikeklein haben die spaßige Aufgabe gehabt, die 10 besten Partien des Jahres auszuwählen.

Jeder hat seine 10 Lieblingspartien aufgeschrieben und dann seiner Nummer Eins 10 Punkte, der Nummer Zwei 9 Punkte usw. gegeben.

Carlsen CaruanaDas Lieblingsfoto des Jahres der Chess.com Fotografin Maria Emelianova

Hier ist das Ergebnis. Premium Mitglieder können sich aber auch die neue Videoserie GM Simon Williams ansehen, in der er seine eigenen Top 10 vorstellt.


10. Jobava - Sulskis, Olympiade (16 Punkte)

Diese Partie hat es alleine schon wegen der ersten drei Züge verdient, in diese Liste aufgenommen zu werden. Als Baadur Jobava an Brett 1 für das Gastgeberland Georgien die Partie mit 1.b3 eröffnete, entschied sich Sarunas Sulskis für den Zug 1...a5, welcher sofort mit 2. a4 beantwortet wurde!

Nein, das war keine Partie eines Tony Miles Gedächtnisturniers, sondern wirklich die Schacholympiade! Sulskis startete einen mörderischen Angriff und obwohl er die letzten 20 Züge mit einem Turm weniger spielte, fand Jobavas König einfach kein sicheres Feld und der Litauer konnte die Partie für sich entscheiden.

Baadur JobavaBaadur Jobava (schwarzes Sacko) bei der Schacholympiade. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com

9. Kramnik - Caruana, Kandidatenturnier (17 Punkte)

Vladimir Kramnik spielte beim Kandidatenturnier in Berlin mit die unterhaltsamsten Partien - weniger als die Hälfte seiner Partien endeten mit einem Remis. Trotz des schnellen Damentausches erzielte diese Partie ganz besonders viel Aufmerksamkeit. Beide Spieler zogen gleichzeitig einen Bauern auf die siebte Reihe, aber im 32. Zug passierte etwas noch Seltsameres. Alle Figuren von Weiß befanden sich auf der Damenflügel, während sich fast alle Figuren von Fabiano Caruana am Königsflügel tummelten.

Der Amerikaner erlaubte es schließlich seinem Gegner, einen weiteren Bauern auf die siebte Reihe zu ziehen, da der ehemalige Weltmeister auf dem Damenflügel einen Vier-gegen-Null-Bauernvorteil hatte. Caruana opferte einen ganzen Turm und dann gingen beide Könige auf Wanderschaft. Puh, was können wir sagen? Das war ein noch größeres Chaos als in der vorherigen Partie!

Kramnik CaruanaVladimir Kramnik und Fabiano Caruana hatten nach der Partie viel Gesprächsstoff. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com

8. Leko - Vachier-Lagrave, Olympiade (18 Punkte)

Wenn wir vorausgesagt hätten, dass es Maxime Vachier-Lagrave auf diese Liste schafft und es eine Najdorf Eröffnung sein würde, hätte das sicher niemanden vom Hocker gerissen. Der Franzose bekommt immer wieder hochinteressante Stellungen aus dieser kompromisslosen Eröffnung und er findet auch immer wieder Gegner, die ihn in seinem "Wohnzimmer" herausfordern!

Peter Leko versuchte sein Glück gegen MVL indem er einige Opfer annahm und seinen König quer über das Brett wandern lies. Schwarz lies mehrere mögliche Dauerschachs links liegen (sonst hätte es diese Partie ja auch nicht in diese Liste geschafft!) und spielte, obwohl er einen Turm weniger hatte, mutig auf Sieg. Der teuflische Zug 41...Lf6 sieht viel zu langsam aus, ist aber absolut korrekt!

Vachier-Lagrave LekoGegen MVL Najdorf zu spielen ist eigentlich schon ein grundsätzlicher Fehler. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com

7. AlphaZero - Stockfish, London (19 Punkte, inklusive einer Stimme für den ersten Platz)

Was soll man zu dieser Partie nur sagen? Mit diesem Spiel beginnt der Untergang der Menschen als Krone der Schöpfung. AlphaZero nimmt keine Rücksicht auf das, was wir alle von unseren Schachlehrern gelernt haben.

Angriff vor der Rochade? Sicher. Eine Figur ungedeckt lassen? Kein Problem. Die a- und h-Bauern schon in der Eröffnung ziehen? Warum nicht? Den Läufer von f1 nach h3 und dann zurück auf f1 ziehen? Stark! Nun, ihr versteht den Punkt. Einfach Ansehen und Verlernen!

6. Praggnanandhaa - Ravi, Chess.com Isle of Man International (20 Punkte)

Wenn Computer die Schachwelt nicht übernehmen, werden es wohl Teenager sein. Pragg plünderte einen b-Bauern, aber das war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was später kam. Mit seinem eigenen organischen Computer, seinem Gehirn, opferte er seinen Springer um e4 zu schlagen, nur um einen Zug später seinen Turm zu Opfern.

Der Angriff war nach 24. e6 im Wesentlichen vorbei, aber die schwarzen Figuren waren in einem erbärmlichen Zustand. Der Großteil der Schachwelt hat die Chance, den jungen Inder zu schlagen, bereits verpasst.

PraggAm Schachbrett ist Pragg nicht so nett, wie er aussieht. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com

5. Ding Liren - Duda, Olympiade (27 Punkte)

Die Niederlage eines Polen bei der Olympiade hervorzuheben, scheint ein wenig unfair zu sein, denn das Team hat einen wirklich beeindruckenden Lauf absolviert. "Mr. Unbeatable 2018" nicht zu erwähnen, wäre aber ebenso unfair. Ding Lirens Serie von Partien ohne Niederlage ist mittlerweile dreistellig und das, obwohl er die seit Sommer mit nur einem Bein spielt!

Die Partie hatte viele romantische Züge an sich, wobei Weiß das Zentrum aufriss und sich dann auf den schwarzen König konzentrierte. Merkwürdigerweise hätte die Partie viel früher enden können, wenn es kein Mannschaftskampf gewesen wäre, aber Ding Liren verzichtete, nachdem er sich die Stellungen seiner Teamkollegen angesehen hatte, auf eine frühe Zugwiederholung.

Obwohl dies kein Kriterium war, hat die Wichtigkeit dieser Partie sicher einige Richter bei der Punktevergabe beeinflusst.

4. Senpai - Stockfish, Chess.com Computermeisterschaft (37 Punkte)

Das pescatarische AlphaZero hat Stockfish 2018 eindeutig den Rang abgelaufen. Aber diese fantastische Partie brachte die Open-Source-Wasserbestie doch noch in die Top 10.

Wenn es hier um den "Zug des Jahres" gehen würde, dann hätte Stockfish mit 15...Lg3 sicher gewonnen! Den Großteil der Partie scheint Stockfish völlig unbesorgt um die Wiederherstellung der Materialgleichheit zu sein und bietet Senpai einmal sogar eine weitere Figur an, um den Druck aufrechterhalten zu können.

Da keine Menschen involviert waren, besteht eine gute Chance, dass Ihr diese Partie noch gar nicht kennt. Geniest also die volle Brutalität und Schönheit, die das Schachspiel bieten kann:

3. Paravyan - Golubov, Korchnoi Memorial (39 Punkte,

inklusive einer Stimme für den ersten Platz)

Die Chance, dass Ihr diese Partie noch nicht gesehen habt, ist sogar noch größer, als bei der letzten Partie. Während das Korchnoi Memorial in unseren News Artikeln nicht einmal erwähnt wurde, bettelte diese Partie förmlich um eine eigene Berichterstattung.

Es ist übrigens die zweite russische Verteidigung in unserer Top-10-Liste, aber in dieser wurde nicht einmal annähernd das Endspiel erreicht. Der 20-jährige GM David Paravyan sorgte dafür, indem er zuerst seinen Springer anbot, dann seinen Springer und seinen Läufer, dann zweimal seine Dame, dann ein paar Bauern und schließlich noch seinen Turm. Wenn es diese Partie nur auf den dritten Platz geschafft hat, muss 2018 ein Wahnsinns Jahr gewesen sein!

2. Aronian - Kramnik, Kandidatenturnier (49 Punkte,

inklusive drei Stimmen für den ersten Platz)

Ein weiterer Kandidat für den Zug des Jahres war in seiner Schönheit viel unauffälliger: Vladimir Kramniks 7...Tg8! Er sagte, dass er diesen Zug schon vor Jahren gefunden hatte und sicher nicht dachte, dass er ihn einmal gegen Levon Aronian, der ja erst seit kurzem auf 1.e4 umgestiegen war, anwenden könnte.

Der Ex-Weltmeister zündete darauf ein wahres Ideen-Feuerwerk.

"Eine der besten Partien, die ich je gesehen habe", sagte Alexander Grischuk. "Unglaublich von Anfang bis Ende, absolut unglaublich."

Aronian KramnikLast moments of the Aronian-Kramnik game. | Photo: Maria Emelianova/Chess.com

1. Hillarp Persson - Laurusas, Olympiade (53 Punkte,

inklusive zwei Stimmen für den ersten Platz)

 

Es scheint, als ob 2018 das Jahr des Comebacks des Tigers war. Nein, nicht dieser Tiger. Der schwedische Großmeister Tiger Hillarp Persson hat sich also noch nicht völlig dem Go verschrieben, sondern sich zumindest noch einige Kreativität für das Schachspiel aufgespart.

Technisch gesehen war dieser Angriff zwar nicht so sauber wie Kramniks Angriff, aber einen König zu sehen, der im Mittelspiel mutig ins Zentrum wandert und sich aktiv am Angriff seiner Figuren beteiligt, ist immer eine Freude.

Es gibt sogar einige Gemeinsamkeiten mit der Partie Short - Timman (genau wie Nigel Short benutzte Hillarp Persson zum Beispiel die Route f4-g5-h6).

Jetzt aber viel Spaß mit der schönsten Königswanderung und der besten Partie des Jahres 2018!

Tiger Hillarp PerssonWie fängt man einen Tiger? Am besten nicht in seiner eigenen Höhle, das ist mal sicher! | Foto: Mike Klein/Chess.com

Was eine Partie zur besten Partie macht, ist natürlich subjektiv. Brillante Opfer? Ein lange anhaltender Kampf? Der Aufstieg der künstlichen Intelligenz?

Was feststeht ist, dass die Latte in diesem Jahr ziemlich hoch hing. Magnus Carlsens Comeback nach einem Figurenverlust gegen Gawain Jones in Wijk aan Zee? Großartig, aber für die Top 10 hat es nicht gereicht. Hikaru Nakamuras 135 Züge langer Kampf um Valentina Gunina in Gibraltar zu besiegen? Von unseren Juroren fast nicht beachtet. Die Portugiesische Variante in der Skandinavischen Verteidigung des Weltmeisters in der PRO Chess League, als er im siebten Zug seinen König auf f7 zog? Bitte! Da muss schon etwas Besseres her!

Hier ist die vollständige Liste aller Partien, die mindestens einen Punkt erhalten haben:

Seit Ihr mit der Auswahl zufrieden? Hättet Ihr Euch für andere Partien entschieden? Im Kommentarfeld ist jede Menge Platz für Eure Meinung!

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FM Mike Klein

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Mike Klein began playing chess at the age of four in Charlotte, NC. In 1986, he lost to Josh Waitzkin at the National Championship featured in the movie "Searching for Bobby Fischer." A year later, Mike became the youngest member of the very first All-America Chess Team, and was on the team a total of eight times. In 1988, he won the K-3 National Championship, and eventually became North Carolina's youngest-ever master. In 1996, he won clear first for under-2250 players in the top section of the World Open. Mike has taught chess full-time for a dozen years in New York City and Charlotte, with his students and teams winning many national championships. He now works at Chess.com as a Senior Journalist and at ChessKid.com as the Chief Chess Officer. In 2012, 2015, and 2018, he was awarded Chess Journalist of the Year by the Chess Journalists of America. He has also previously won other awards from the CJA such as Best Tournament Report, and also several writing awards for mainstream newspapers. His chess writing and personal travels have now brought him to more than 85 countries.