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Kasparovs ultimatives Ende?

Kasparovs ultimatives Ende?

MikeKlein
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Der siebzigjährige Rex Sinquefield, einer der größten Fans der St. Louis Cardinals (Baseball), hat schon einige Endspiele seiner Lieblingsmannschaft, der erst im siebten Spiel entschieden wurden, erlebt. Heute stand er aber selbst im siebten Spiels eines Finals.

Beim "Ultimate Moves" Mannschaftskampf stand es zwischen seinem und dem Team seines Sohnes, die beide mit Großmeistern gespickt waren, am Ende 3:3, und die Regeln verlangten nach einem Entscheidungsspiel. Nach einigen Diskussionen einigten sich die Mannschaften auf ein improvisiertes siebtes Finalspiel.

Titelfoto: Chess.com/Maria Emelianova.

Während in den ersten sechs Partien noch jeder Spieler 5 Züge in Serie zog, waren im siebten Finale keine Stühle mehr nötig, denn jetzt machte jeder Spieler nur noch einen Zug, bevor er das Brett wieder verlassen musste, und diesen Zug spielten alle Teilnehmer im stehen.

Nach einem harten Kampf kam es zu einem Ende, das wir schon kannten: Einer der Sinquefields verlor wegen eines Fehlers, der kurzerhand nach ihm benannt wurde.

Team Randy, oder genauergesagt Randy Sinquefield selbst, brachte einen Bauern bis auf das Feld a8 und drückte dann die Uhr, ohne den Bauern umgewandelt zu haben. Laut den Regeln ist dies ein ungültiger Zug, und somit erklärten die Schiedrichter die Partie als verloren.

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Rex gegen Randy Sinquefield: Das interessanteste Vater-Sohn Partie im Schach. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Sogar schon vor den heutigen Vorfall wurde dieser Fehler als "Der Sinquefield Zug" bezeichnet, und seit heute wird dieser Name wohl offiziell anerkannt werden.

Rex verlor eine Partie auf genau die selbe Weise, wie er schon eine Partie vor einigen Jahren bei dieser Veranstaltung verloren hatte. Dieser Fehler ist ihm anscheinend Angeboren. 

"Wir haben seit Jahren daran gearbeitet," sagte der verdrossene Randy. "Mein Vater hat mir den Fehler gelernt und ich habe ihn perfektioniert."

Im "Team Randy" spielten neben Randy Sinquefield selbst, auch noch Fabiano CaruanaGarry KasparovVishy AnandDavid Navara, Le Quang Liem und Rachael Li, die 7 Jahre alte Schwester des Großmeisters Ruifeng Li. "Team Rex" bestand aus Rex SinquefieldLevon AronianHikaru NakamuraSergey KarjakinIan NepomniachtchiLenier Dominguez und dem ehemaligen Basketball Proft der Baltimore Ravens, John Urschel.

Ursprünglich waren 6 Partien angesetzt, wobei Rex und Randy die ersten 5 Züge ausführten, dann Caruana und Aronian die nächsten 5, und so weiter. Jeder Spieler einer Mannschaft war also für 5 Züge verantwortlich, und dann übernahm ein Teamkollege. Die Bedenkzeit betrug 5 Minuten + 5 Sekunden extra pro Zug.

Bereits in der ersten Partie gab der Gewinner des Blitz & Schnellschachturniers von St. Louis sein bestes, um seinen Ruf als Sprücheklopfer gerecht zu werden: "Ich hatte versucht, nicht die besten Züge zu spielen, aber sie kamen einfach automatisch!" sagte Aronian nach seinem Einsatz.

Es gab dann eine Zugwiederholung und Anand fragte vorsichtshalber nach: "Gibt es hier eigentlich eine 30 Züge Regel?" Kasparov erklärte ihm aber sofort: "Bei einer Zugwiederholung ist das irrelevant."

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GM Garry Kasparov exults against GM Leinier Dominguez upon taking over after his team's  1...e5 2...b6 opening combo. | Photo: Chess.com/Maria Emelianova.

Als Team Randy eine Figur verlor warf Caruana nicht sofort das Handtuch. Kasparov übernahm die Stellung mit den Worten "Du willst doch nur, dass ich aufgebe" und genau das tat er dann auch.

Nachdem sie die zweite Partie von Anfang bis Ende dominiert hatten, ging Team Rex mit 2:0 in Führung. Besonders Randys zweiter Zug war fragwürdig. Nakamura, der im gegnerischen Team spielte, gefiel der Zug aber: "Garrys Gesichtsausdruck war einfach großartig. Ich glaube nicht, dass er diese Eröffnung schon einmal zuvor gesehen hat!"

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Kasparov und GM Hikaru Nakamura nach der Partie. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Als das Matt für Weiß schon in Sicht war, tat Nepomniachtchi so, als würde er über einer extrem schwierigen Kombination brüten und dann den Gewinnzug gefunden zu haben. Später sagte er: "Ich glaube, wir haben nur wegen meinen Zug gewonnen!"

In der dritten Partit blieb Rex seinem 2...g6 Sizilianer treu, und Randy wiederholte seine Eröffnungszüge mehr oder weniger ebenfalls. Karjakin, der bei dieser Partie nur zusah, sagte: "Unser Problem ist, dass diese Stellung meiner Partie gegen Carlsen sehr ähnlich ist, und die ist nicht wirklich gut gelaufen. Aber mein Team wird bestimmt besser spielen als ich es getan habe."

Und Team Randy gewann dann auch wirklich. Es war Li, die die entscheidenden Züge gegen Urschel machte. Kasparov war von Spiel des jungen Mädchens sichtlich angetan.

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Der größte Größenunterschied im Schach aller Zeiten? Die sieben Jahre alte Rachael Li gegen den ehemaligen NFL Profi John Urschel. Li hat übrigends etwa 200 ELO Punkte mehr (1800 gegen 1600). | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Team Rex ging dann, obwohl Randy Sinquefield die Eröffnung viel besser gespielt hatte, mit 3:1 in Führung. Gerüchten zu Folge hat er vom 13. Weltmeister der Geschichte einige Ratschläge bezüglich Eröffnungen bekommen. Aronian nahm kein Blatt vor den Mund: "Die sollten besser Domino oder ein anderes Spiel spielen."

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Als GM Levon Aronian am Brett war, stand seine Mannschaft wie ein Fels hinter ihm! | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Team Randy musste jetzt die nächsten beiden Partien gewinnen und genau das taten sie auch! Die fünfte Partie war eine art geschlossener Sizilianer und Rex opferte schon früh die Dame für nur 2 Leichtfiguren. Nakamura versuchte noch den Kampfgeist am Leben zu erhalten und sagte: "Diese beiden Figuren sind viel stärker als die Dame. Die Stellung ist einfach nur wunderschön."

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GM David Navara -- der Mann der Kasparov zur Fortsetzung seiner Karriere anstachelte? | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

In der sechsten Partie zog Randy 3...Lg4 in einer Philidor Eröffnung und glücklicherweise kannte sein Vater nicht eine klassische Partie von Paul Morphy. Weiß gewann schon früh einen Bauern und Kasparov gab der Eröffnung den Namen "Saint Louis Gambit". Aronian: "Eigentlich ist es ein Benko!" Am Ende einer intensiven Partie verlor Rex auf Zeit und damit stand es 3:3.

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Kasparov diskutiert mit GM Fabiano Caruana die Strategie. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Eigentlich hätte das Event hier enden sollen aber in einer kurzfristig anberaumten Diskussionen einigten sich die Mannschaften auf ein improvisiertes siebtes Finalspiel, um Rex seinen sportlichen Traum zu erfüllen.

Zur Information: Die Cardinals haben 8 von 11 Finalen die über die volle Distanz von 7 Spielen gingen gewonnen. Und jetzt hat der Superfan selbst ein siebtes Finalspiel gewonnen.

Jetzt war es an der Zeit für einige kurze Reden. Zum vierten Mal in diesem Monat versammelten sich also alle Spieler in der  World Chess Hall of Fame. Zum zweiten Mal davon zu einer Abschlußfeier. Besonders zwei Dinge blieben den Schachfans im Gedächtnis: Aronians letzte Worte und Kasparovs letzte Gedanken.

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Für Aronian könnte das Jahr 2017 fast nicht besser laufen. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

"Ich bin erleichtert, dass es vorbei ist," sagte Kasparov. "Dies ist das Ende meines Schach-Urlaubs."

"In den letzten 12 Jahren habe ich den Kontakt zum Profischach verloren. Jetzt ist der Kontakt wieder hergestellt... Ich bin froh dieses Risiko eingegangen zu sein."

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Kasparov hatte extrem gute Laune. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Die Eine Million Euro Frage ist: "War das wirklich das allerletzte Mal, dass er eine gewertete Schachpartie gespielt hat?" Obwohl er schon vor dem Turnier betont hatte, dass dies eine einmalige Aktion sei, haben wir doch etwas Hoffnung geschöpft.

Zum einen wiederholte er des öfteren, wie sehr ihn die Niederlage gegen Navara im Schnellschach gewurmt hat: "Ich werde den Rest meines Lebens an Navara denken."

Zum anderen antwortete er auf die Frage, ob er sein "Schachrentner dasein" nicht ein zweites Mal unterbrechen könnte mit den Worten: "Sag niemals nie". Und obwohl dies schon einige Zuschauer applaudieren lies fügte er noch hinzu: "Wenn es passiert, dann sicher in St. Louis."

Turniersieger Aronian witzelte, dass er Karparov auch einen Grund gegeben hatte, um zurückzukommen: "Er will sich bei mir sicher für seine Niederlage revanchieren," sagte er.

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Das Siegerfoto. Von links nach rechts: Dr. Jeanne Sinquefield, Rex Sinquefield, GM Levon Aronian und "Landrat (Deutschland) oder Bezirkshauptmann (Österreich)" Steve Stenger.

Er sagte, seine Steigung gegenüber dem Jahr 2016 resultiert aus einer besseren Ausgewogenheit zwischen Kreativität und Pragmatismus in seinem Spiel. Und auch seine beforstehende Hochzeit hat damit zu tun:

"Um eine Familie zu gründen braucht man eine Menge an positiven Emotionen... und eine Menge Geld," sagte er.

Peter Doggers wirkte an diesem Artikel mit.


Zum weitersurfen:

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FM Mike Klein

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Mike Klein began playing chess at the age of four in Charlotte, NC. In 1986, he lost to Josh Waitzkin at the National Championship featured in the movie "Searching for Bobby Fischer." A year later, Mike became the youngest member of the very first All-America Chess Team, and was on the team a total of eight times. In 1988, he won the K-3 National Championship, and eventually became North Carolina's youngest-ever master. In 1996, he won clear first for under-2250 players in the top section of the World Open. Mike has taught chess full-time for a dozen years in New York City and Charlotte, with his students and teams winning many national championships. He now works at Chess.com as a Senior Journalist and at ChessKid.com as the Chief Chess Officer. In 2012, 2015, and 2018, he was awarded Chess Journalist of the Year by the Chess Journalists of America. He has also previously won other awards from the CJA such as Best Tournament Report, and also several writing awards for mainstream newspapers. His chess writing and personal travels have now brought him to more than 85 countries.

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