Anand startet mit einer Niederlage in die zweite Runde

Anand startet mit einer Niederlage in die zweite Runde

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Vishy Anand wurde zum Auftakt der zweiten Runde des FIDE World Cups in Tiflis böse überrascht. Der fünfmalige Weltmeister überspannte in einer guten Stellung gegen den Kanadier Anton Kovalyov und muss nun die zweite Partie unbedingt gewinnen um sich wenigstens noch in den Tiebreak retten zu können.

Anand tauscht das Partieformular, nachdem der seine Partie aufgegeben hatte. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Vor der heutigen Runde wurden 64 Stühle, 32 Bretter und 1.024 Figuren entfernt, denn die Hälfte alle Teilnehmer war ja bereits ausgeschieden. Unter den Siegern der ersten Runde sind 18 der 20 gestarteten Russen, und die anderen beiden sind gegen Landsmänner ausgeschieden! 2 Duelle der zweiten Runde hatten wir schon genau so vor 2 Jahren gesehen: Giri-Motylev und Harikrishna-Sethuraman.

Viele Spieler gingen die zweite Runde extrem vorsichtig an, und so wurden nur 7 der 32 Partien mit einem Sieg beendet.

World Cup 2017 | Runde 2, Tag 1, Ergebnisse

Land Spieler Land Spieler Klassisch Schnellschach Blitz Gesamt
Dreev (2648) Carlsen (2827) 0-1
Bacrot (2728) Bu (2714) ½-½
Svidler (2756) Erdos (2619) ½-½
Onischuk (2682) Wojtaszek (2739) ½-½
Vachier-Lagrave (2804) Grachev (2654) 1-0
Tari (2588) Lenderman (2565) ½-½
Cori (2648) Grischuk (2788) ½-½
Navara (2720) Cheparinov (2695) 1-0
Kramnik (2803) Demchenko (2650) 1-0
Duda (2698) Ivanchuk (2727) ½-½
Motylev (2668) Giri (2777) ½-½
Harikrishna (2741) Sethuraman (2617) ½-½
Hou Yifan 2670) Aronian (2802) ½-½
Matlakov (2728) Andreikin (2708) ½-½
Karjakin (2780) Dubov 2666) ½-½
Artemiev (2692) Radjabov (2742) ½-½
So (2792) Bluebaum (2633) ½-½
Tomashevsky (2710) Vallejo (2717) ½-½
Adhiban (2670) Nepomniachtchi (2741) ½-½
Yu Yangyi 2750) Jobava (2702) ½-½
Bruzon (2651) Nakamura (2781) ½-½
Fedoseev (2731) Inarkiev (2694) 1-0
Anand (2794) Kovalyov (2649) 0-1
Rodshtein (2695) Adams (2738) ½-½
Lenic (2646) Caruana (2799) ½-½
Vitiugov (2728) Najer (2694) ½-½
Wei Yi (2748) Rapport (2675) ½-½
Sevian (2610) Li Chao (2745) ½-½
Mamedyarov (2797) Kuzubov (2688) ½-½
Wang Hao (2701) Gelfand (2737) ½-½
Kravtsiv (2670) Ding Liren (2771) ½-½
Le (2739) Vidit (2702 0-1

"Wenn es funktioniert hätte, wäre es die Partie des Jahres geworden," sagte Kovalyov über das Opfer seines Gegners. Es gab nur leider ein Problem: Es hat nicht funktioniert.

Anand begann seine Partie stark und brachte mit 6.h3 eine wohl durchdachte Neuerung, die er sicher schon lange vorbereitet hatte, aufs Brett.

Anand erzielte eine vielversprechende Stellung ("eine Stellung, in der Schwarz ums Überleben kämpft und für Weiß weit und breit keine Niederlage in Sicht ist" --- Dejan Bojkov) aber irgendwie erhielt er für eine geopferte Figur nur 2 Bauern und Kovalyov entging allen Drohungen und konnte sich konsulidieren.

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Anand hat sich "veropfert". | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

"Ich dachte, dass ich verlieren werde,"  sagte Kovalyov, der gerade in Texas seinen Master Abschluß macht und sogar während des Weltcups studiert. Anand könnte also gegen einen "vorübergehenden Amateur" ausscheiden.

Dejan Bojkov's Game of the Day

nullVassily Ivanchuk wirft einen Blick auf Anand's Stellung. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Magnus Carlsen zeigt gegen Aleksey Dreev, einen der erfahrensten Teilnehmer, mit den schwarzen Figuren eine starke Vorstellung. In einer Ragozin Eröffnung erspielte sich Carlsen einen gedeckten Freibauern auf b3 aber er schien diesen zu verlieren, sobald der ihn deckende Läufer vom den starken weißen Zentrumsbauern vertrieben geworden wäre.

Aber Carlsen fand einen Zug, um den Bauern zu behalten (Bojkov kürte diesen Zug zum "Zug des Tages"), aber er war sich trotzdem nicht sicher, ob er das Enspiel gewinnen könnte. "Irgendwie ist er aber dann ziemlich schnell untergegangen," sagte Carlsen nach der Partie.

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Carlsen überreicht dem Schiedsrichter sein Partieformular. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Ein weiterer Weltmeister gab heute auch eine starke Vorstellung (eine klar bessere als in seiner letzten Partie). Vladimir Kramnik überspielte seinen Landsmann Anton Demchenko. Nach einem Doppelfianchetto erreichte er eine gute Stellung in einer Art g3-Königsinder mit Raumvorteil am Damenflügel. Ab dann hat Kramink kraftvoll weitergespielt.

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Eine sehr starke Leistung von Kramnik gegen Demchenko. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Vielleicht ist Euch schon aufgefallen, dass Dejan Bojkov heute nicht nur ein "Spiel des Tages", sondern auch einen "Zug des Tages" ausgewählt hat. Dem ist aber noch nicht genug, denn er hat auch noch einen "Fehler des Tages" erkoren. Dieser geschah in der Partie David Navara gegen Ivan Cheparinov. Diese Partie sieht eigentlich wie ein Meisterwerk aus, aber Navara war mit seiner Leistung überhaupt nicht zufrieden und nannte die Partie "komisch".

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Cheparinov unterläuft in Zeitnot der "Fehler des Tages". | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Vladimir Fedoseev startete mit einer Niederlage ins Turnier und stand in der zweiten Partie auch schon schlechter, aber konnte sich in die zweite Runde retten. Heute spielte er gegen seinen Landsmann Ernesto Inarkiev aber viel stärke und konnte die Partie gewinnen. Es war eine interessante Drachenvariante in der Weiß nach normalen Zügen wie Le2 und Sb3 auf einmal mit g4 und h4 zum Angriff blies.

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Fedoseev spielte heute wirklich stark. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Maxime Vachier-Lagrave musste heute hart arbeiten, aber am Ende gewann er überzeugend. Boris Grachev's Nimzowitsch Sizilianer war nett anzusehen, und MVL hatte damit offensichtlich überhaupt nicht gerechnet, denn er fing bereits im dritten Zug zu denken an. Im fünften Zug entschied er sich nach 7.5 Minuten für den seltenen Zug e6!?

Die Eröffnung war lang unklar und Grachev hätte definitiv 9...Sde5 spielen sollen. Stattdessen entschied er sich dafür, 2 Bauern zu opfern, und das war mindestens einer zu viel. Vachier-Lagrave war dieser technischen Herausforderung gewachsen und gewann die Partie.

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MVL mit einem Nimzowitsch Sizilianer zu überraschen hat für Boris Grachev nicht gereicht. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Am Ende des Tages durfen wir uns dann noch über einen weiteren Sieg freuen. Vidit Santosh Gujrathi besiegte Le Quang Liem in einem Ragozin Mittelspiel ohne Damen. Die Bauernstruktur ähnelte einem Grünfeld, und Weiß konnte sein Zentrum nicht verteidigen ohne einen Bauern auf dem Damenflügel zu verlieren. Vidit entschied dann die Partie in einem Turmendspiel, bei dem er im 70. Zug die Lucena Stellung erreichte.


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Vidit geht selbstbewusst in das Turmendspiel gegen Le. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Eines der kürzesten Remis kam bei der Partie zwischen Hou Yifan und Levon Aronian zu stande. Vielleicht befand sich der Armenier bis zum Ende der Partie noch in seiner Vorbereitung, aber die Computer finden einige atemberaubende Züge, mit denen Weiß die Zugwiederholung vermeiden, und sogar ein Endspiel mit Dame gegen Turm und Läufer erreichen hätte können. Das könnte aber dann auch Remis enden.

Und auch das Remis zwischen Baskaran Adhiban und Ian Nepomniachtchi verdient Beachtung. Schon im Jänner in Wijk aan Zee spielten die beiden eine interessante 6.Lg5 Najdorf Partie, aber dieses Mal blieben die beiden sehr lange in der Theorie. Spektakulär war die Partie aber trotzdem:

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Adhiban musste sich mit Nepomniachtchis scharfer Najdorf Eröffnung auseinandersetzten. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

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Lenderman und Tari einigten sich, noch bevor lTari seine Stärkungen zu sich nehmen konnte, auf ein Remis. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

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Bu Xiangzhi bietet Etienne Bacrot ein Remis (es wurde angenommen). | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

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Ivanchuk erreichte gegen Duda problemlos ein Remis. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

nullIn seiner ersten Partie in Tiflis remisierte Alexander Onischuk gegen Radek Wojtaszek. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

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Matthias Blübaum erzielte mit seiner Lieblingseröffnung, der französischen Verteidiung, ein Remis gegen Wesley So. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

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Grischuk war bei seinem Remis gegen Cori wieder mal in großer Zeitnot. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova. 

Games von TWIC.

Der Weltcup findet vom 3. bis zum 27. September in der georgischen Hauptstadt Tiflis statt. Jede Runde besteht aus 2 klassischen Partien (nur im Finale sind es 4) und danach folgt, je nach Bedarf, ein Tiebreak im Schnell- und Blitzschach. Das Preisgeld bei diesem Turnier beträgt $1.600.000 und der Sieger bekommt mit $120.000 den Löwenanteil davon. Zusätzlich qualifizieren sich die beiden Finalisten für das Kandidatenturnier 2018.

Chess.com überträgt alle Partien des Weltcups live auf Chess.com/Live. Außerdem könnt ihr Live Kommentare der besten Kommentatoren der Welt, der Chessbrahs, also GM Eric Hansen, GM Robin van Kampen, GM Yasser Seirawan und IM Aman Hambleton auf  Chess.com/TV sehen.


Zum weitersurfen:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

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