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Carlsen gewinnt das Blitzturnier in Norwegen

Carlsen gewinnt das Blitzturnier in Norwegen

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Magnus Carlsen hätte sich keinen besseren Start in das Altibox Norway Chess Turnier erträumen können. Das Eröffnungs-Blitzturnier gewann er überlegen mit 2 Punkten Vorsprung und einer ELO Leistung von 3069. Auf den Plätzen folgten ihm Hikaru Nakamura und Levon Aronian.

Magnus Carlsen beherrschte den ersten Tag. | Foto: Maria Emelianova.

Carlsen ging auf der Pressekonferenz im Clarion Hotel Air in Stavanger mit sich selbst hart ins Gericht. "Seit der Weltmeisterschaft habe ich nur zweite und dritte Plätze belegt. Das ist nicht mein Ziel. Ich habe seitdem auch nicht gut gespielt."

Das Trainingslager, in das er sich mit einigen seiner Trainingspartnern vor dem Turnier zurückgezogen hatte, scheint Früchte zu tragen. Carlsen war eine Klasse für sich und dominierte das Feld nach belieben. Sein erster Verfolger lag ganze zwei Punkte hinter ihm.

Carlsen wiederholte seinen Sieg des Eröffnungs-Blitzturniers vom letzten Jahr, und 2016 setzte er seine Siegesserie in den langen Partien fort und gewann das Turnier zum ersten Mal in seiner Karriere. Es war sein dritter Sieg des Blitzturniers von Stavanger und die norwegischen Medien verfolgten diese Veranstaltung ausführlich. Das Land ist definitiv im Schachfieber.

Neben zwei Dutzend Medienvertretern waren auch etwa 50 Zuschauer im 10. Stock des Hotels, inclusive dem Bürgermeister von Stavanger. Der Blick über Stavanger und den Sola Flughafen waren atemberaubend, aber kaum einer der Anwesenden nahm sich die Zeit, diesen Blick zu genießen.

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Ein Hubschrauber bei der Landung auf dem Stavanger Sola Flughafen.

Nicht mal ein kleiner und lustiger Unfall vor der fünftrunden Partie gegen Sergey Karjakin brachte Carlsen aus der Ruhe. Kurz vor der Partie wollte Carlsen eine Isklar Wasserflasche öffnen, bei der sich aber sofort die Kohlensäure selbstständig machte..

Karjakin konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und auch Vladimir Kramnik, der am nächsten Tisch saß, fand diesen Moment extrem lustig, besonders weil sich Kramnik nur Sekunden zuvor eine der beiden Wasserflaschen, die am Tisch von Carlsen und Karjakin standen, genommen hatte (Karjakin dachte, das würde niemanden stören). Wie es sich zeigte, entschied er sich für die richtige Flasche...

Carlsen wischte die Sauerei mit einigen Taschentüchern auf, und stellte dann die Figuren wieder auf, und das alles, während seine Zeit lief! Und dann zeigte er seine wohl beste Partie des Tages:

Carlsen's berühmte Startschwierigkeiten führten diesesmal zu 2 Remis (gegen Nakamura und Anand), aber dann holte er aus den restlichen 7 Partien, 6.5 Punkte. Der einzige Spieler der ihm noch ein Remis abringen konnte war Kramnik.

Sein Sieg in der vierten Runde gegen Levon Aronian war kurios. Auf diesem Level sieht man es ja selten, dass ein Spieler einen ungültigen Zug macht und dann die Uhr drückt, aber genau dies ist hier geschehen. Den Ausgang der Partie hat dies allerdings nicht beeinflußt, denn Aronians Stellung war eh schon hoffnungslos.

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 Aronian übersah, dass sein König nicht auf f7 ziehen durfte. | Foto: Maria Emelianova.

Obwohl er schon nach 8 Runden als Sieger feststand, war die letzte Blitzpartie von Carlsen trotzdem interessant, da er in dieser gegen die aktuelle Nummer 2 der Welt, Wesley So, antreten musste. Auf der Pressekonferenz widersprach So der These, dass seine Lobgesänge auf Carlsen diesen nur in falscher Sicherheit wiegen sollten. Er wies darauf hin, dass der Norweger schon viel länger an der Weltspitze wäre als er selbst und dass er sehr lange auf seinem jetzigen Level spielen müsste um den selben Status wie Carlsen zu erlangen.

Hikaru Nakamura hatte mit 4 Remis und einer Niederlage einen ziemlich schlechten Start in das Turnier. Die 3.5 Punkte, die er aus den letzten 4 Runden holte, reichten ihm aber zu einem geteilten zweiten Platz—mehr als genug um beim Hauptturnier 5 Partien mit den weißen Figuren spielen zu dürfen. Seine Sieg gegen So grenzte aber an ein Wunder, da er schon eine ganze Figur weniger auf dem Brett hatte.

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Nakamura sieht sich seine Verluststellung gegen Karjakin nochmal an. | Foto: Maria Emelianova.

Nakamura beendete das Turnier punktgleich mit Levon Aronian. Der armenische Großmeister präsentierte sich beim Grenke Turnier und in der Bundesliga in glänzender Form. "Ich glaube ich spiele zur Zeit ganz gut, also freue ich mich auf das Turnier," sagte er vor den Blitzevent. "Es hängt viel vom Start ab. Wenn Du am Anfang schon gewinnst, kannst Du auf diesem Sieg aufbauen."

Einer seiner interessantesten Siege war der gegen Anish Giri.

Giri wurde letzter und holte nur 1.5 Punkte. Aufgrund dieser schrecklichen Leistung war er dann auch während des Abendessens dem Spott seiner Kollegen ausgesetzt, speziell, nachdem Carlsen einen Tweet abgesendet hatte. Dieser ging auf die Frage ein, die Giri während der Pressekonferenz gestellt wurde, ob es möglich wäre, in einem so starken Teilnehmerfeld, viele Siege zu erlangen.

Giri: "Sie wären überrascht. Es kommt nicht immer auf das Teilnehmerfeld an. Manschmal spielt ein Jon Ludvig Hammer in einem solchen Feld mit und dann hofft jeder gegen ihn zu gewinnen. Und dann, bei einem Top-Turnier wie diesem, wird einer der Superstars zum Jon Ludvig Hammer des Turniers. Und das muss nicht zwingend ein Norweger sein. Es haben schon viele Spieler dieses Kalibers ein Turnier mit Minus 3 oder MInus 4 abgeschlossen und dabei 4 Partien in Folge verloren. Am Anfang erscheint jeder stark, aber nach ein paar Runden haben wir unseren "Looser" gefunden. Ich hoffe nur, dass es nicht ich sein werde."

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Giri: "Einer der Superstars kann der
Ludvig Hammer des Turniers werden." | Foto: Maria Emelianova.

Das war noch vor dem Blitzturnier. Danach twitterte Carlsen:

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Carlsen lächelte nach Giri's Aussage bei der Pressekonferez. Vielleicht hatte er hier schon seinen Tweet im Kopf. | Foto: Maria Emelianova.

Maxime Vachier-Lagrave beendete das Turnier auch in der ersten Hälfte. Er beendete eine nicht allzu schwierige Kombination gegen Anand mit einem spektakulären Zug:

Vladimir Kramnik war der glücklichere der beiden Russen, denn er musste gegen Sergey Karjakin einen Tiebreak spielen. In einer schwierigen Stellung verlor Karjakin bereits im 22. Zug.

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Kramnik und Karjakin unterhalten sich nach ihrer Partie. | Foto: Maria Emelianova.

Auf der Pressekonferenz wurde Kramnik nach seine Weltranglistenposition und nach seinem Alter gefragt: "Vor 10 Jahren war ich mir sicher, dass ich mit 40 kein Schach mehr spielen würde. Ich war mir einfach sicher, dass ich dann mit den besten Spielern der Welt nicht mehr mithalten könnte. Und dann hätte ich keinen Grund gesehen, noch weiterzuspielen. Zu meiner großen Überraschung ist dies aber nicht eingetreten und das habe ich wirklich nicht erwartet. Jetzt denke ich immer noch, dass dieser Zeitpunkt bald kommen wird. Vielleicht in 2 Jahren, aber wer weiß das schon sicher?"

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Kramnik (neben Carlsen) gibt sich selbst noch 2 Jahre.
Wir hoffen aber auf mehr. | Foto: Maria Emelianova.

Hier seht ihr die Abschlusstabelle des Blitzturniers. Die Top 5 dürfen im Hauptturnier 5 der 9 Runden mit Weiß spielen:

2017 Altibox Norway Chess | Blitz Endtabelle

# Land Name ELO Leistung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 Punkte SB
1 Carlsen,Magnus 2914 3069 ½ 1 1 ½ 1 ½ 1 1 1 7.5/9
2 Nakamura,Hikaru 2865 2874 ½ ½ ½ ½ 0 ½ 1 1 1 5.5/9 21.75
3 Aronian,Levon 2753 2886 0 ½ ½ ½ 1 ½ 1 ½ 1 5.5/9 21.00
4 Vachier-Lagrave,Maxime 2825 2838 0 ½ ½ 1 0 1 1 0 1 5.0/9
5 Kramnik,Vladimir 2744 2809 ½ ½ ½ 0 1 1 ½ 0 ½ 4.5/9 20.50
6 Karjakin,Sergey 2791 2803 0 1 0 1 0 ½ 0 1 1 4.5/9 17.00
7 Anand,Viswanathan 2766 2767 ½ ½ ½ 0 0 ½ ½ 1 ½ 4.0/9 17.25
8 So,Wesley 2791 2766 0 0 0 0 ½ 1 ½ 1 1 4.0/9 13.25
9 Caruana,Fabiano 2800 2683 0 0 ½ 1 1 0 0 0 ½ 3.0/9
10 Giri,Anish 2776 2526 0 0 0 0 ½ 0 ½ 0 ½ 1.5/9

Als Gewinner der Turniers konnte sich Carlsen seine Startnummer aussuchen. Er wählte die Nummer 3 und spielt somit gleich in der ersten Runde gegen Wesley So. "Ich freu mich darauf" sagte Carlsen. "So kann ich ihn gleich in der ersten Runde unter Druck setzen und im zeigen, wer der Chef im Ring ist. Aber ich kann natürlich nichts versprechen."

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Am Dienstag beginnt das Turnier mit der Partie Carlsen gegen So. | Foto: Maria Emelianova.

Ihr könnt die Partien auf unserem Live Server jeden Tag um 16.00 Uhr verfolgen. Berichte über das Turnier findet ihr hier auf Chess.com/News und auf unseren Twitter, Facebook und YouTube Kanälen.


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Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms.

Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools.

Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013.

As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

In October, Peter's first book The Chess Revolution will be published!


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