Runde 2 in Norwegen: Kramnik besiegt Anand
Vladimir Kramnik besiegte Viswanathan Anand in der zweiten Runde des Altibox Norway Chess Turniers. Der Russe führt damit, gemeinsam mit Hikaru Nakamura, der seine Partie mit Levon Aronian remisierte, die Tabelle an.
Kramnik und Anand nach der Partie. | Foto: Maria Emelianova.
Es war das erste Mal, dass sich die beiden Giganten Viswanathan Anand und Vladimir Kramnik auf norwegischem Boden gegenüber sassen, obwohl sich schon über 200 offizielle Partien, davon 82 Turnierpartien, inclusive einer Weltmeisterschaft, gegeneinander absolviert haben.
Der Gesamtstand nach der 83. Partie heute? Absolut ausgeglichen!
Kramnik in the confessional: Pointed out that he 1st played Anand 28 years ago in 1989. Before some of these players were born #NorwayChess
— Tarjei J. Svensen (@TarjeiJS) June 7, 2017
Kramnik, der 2008 in Bonn gegen Anand den kürzeren zog, glich den Vergleich zwischen den beiden durch einen Sieg mit den schwarzen Figuren in einer Spanischen Eröffnung aus, und ist damit in der Live Weltrangliste auf den zweiten Platz vorgerückt.
Die Partie wurde schon sehr früh interessant, denn Kramnik wählte nicht die für ihn übliche Berliner Variante, und deshalb musst der Anand, der davon sichtlich überrascht war, schon früh improvisieren.
Sein Zug 8.Sd5!?—praktisch eine Neuerung— beinhaltete ein Bauernopfer. Kramnik nahm es an ("den ersten Bauern kann man immer nehmen," hat ein weiser Mann einst gesagt) und Anand hatte zwar eine kleine Kompensatin, aber nicht viel.
"Ich habe von dieser Stellung mehr erwartet," sagte Anand und führte dann weiter aus, dass irgendetwas schiefgelaufen sein muss, wenn Weiß dazu gezwungen ist, so viele Figuren zu tauschen.

Anand und Kramnik spielen seit 1989 gegeneinander. | Foto: Maria Emelianova.
Das Schwerfigurenendspiel war schwierig für Weiß, aber erst nachdem Anand einen Bauern auf c7 schlug, bekam er ernsthafte Probleme. Das war schon fast der entscheidende Fehler, sagte Anand.
Kramnik hat das Damenendspiel vielleicht nicht perfekt gespielt, aber Anand musste ständig auf Schachs achten, nach denen Schwarz die initiative erlangt hätte. Am Ende konnte Kramnik seine Dame auf a7 ziehen und danach den a-Bauern umwandeln.


Anand sieht seine Niederlage kommen. | Foto: Maria Emelianova.
Hier könnt ihr noch ein Interview sehen, das Chess.com mit Kramnik führte. Er spricht dabei über die Partie, seine lange Karriere und über seine persönliche Beziehung zu Anand.
Wie bereits gestern, gab es auch heute nur eine einzige Partie die mit einem Sieg endete. Kramnik zog somit in der Tabelle mit Hikaru Nakamura, der fast die ganze Zeit in seiner Partie gegen Levon Aronian unter Druck stand, gleich.
Nakamura ärgerte sich über seine Entscheidung, auf c3 mit seiner Dame zu nehmen. Dieser Zug führte im Mittelspiel zu einer Carlsbad Stellung, in der Schwarz keine Probleme hatte. Aronian erklärte die Stellung und wies dabei auf eine berühmte Partie von Bobotsov gegen Petrosian hin: "Sobald der Springer auf d6 steht, hat Schwarz einen kleinen Vorteil, denn Weiß kann es sich nicht erlauben, einfach seine ganzen Figuren dorthin zu schaufeln."
Ex-world champion Tigran Petrosian at his dacha, 1970s. (Photo credit: S. Kivrin.) #chess pic.twitter.com/OzOSZsEYtD
— Douglas Griffin (@dgriffinchess) June 3, 2017
Nakamura entschied sich später f2-f3 zu ziehen und hoffte e3-e4 spielen zu können, aber Schwarz durchkreuzte diesen Plan mit ...f7-f5. Daraus resultierend stand Aronian besser und gewann einen Bauern. Da aber nur noch wenige Figuren auf dem Brett waren, lief Nakamura nie wirklich Gefahr, die Partie zu verlieren.
Wie schon gestern Carlsen und So, einigten sich die Spieler auf ein Remis in einer Stellung, in der dies bei diesem Turnier (noch) nicht erlaubt war.
Nakamura ½-½ Aronian - draw agreement? Clearly drawn but didn't think that was allowed @NorwayChess #NorwayChess #c24live
— Chris Bird (@ChrisBirdIA) June 7, 2017
Die Stellung ist aber für keinen der beiden zu gewinnen und als die Schiedrichter beanstandeten, dass die Spieler zuerst eine Zugwiederholung auf das Brett bringen müssten, um die Partie mit einem Remis beenden zu dürfen, weigerten sich die Spieler, dieser Aufforderung nachzukommen. Aronian benutzte sogar das Wort "Respektlos" bevor er zusammen mit Karjakin, der ihn auf dem Weg nach draußen fragte, was denn eigentlich passiert sei, den Turniersaal verlies. Die Turnierorganisation arbeitet nun an einer Lösung.

Ein klarer Fall, bei dem beide Seiten im Recht sind: Schiedsrichterin Anemone Kulczak will, dass die Regeln beachtet werden, und Aronian behauptet, sie wären eingehalten! | Foto: Maria Emelianova.
Die längste Partie des Tages war Anish Giri gegen Sergey Karjakin, und sehr lange sah es danach aus, als könnte Giri diese Partie gewinnen. Der Holländer spielte eine starke Partie und setzte seinen Gegner ab dem genialen Läufermanöver Lf4-c7-b6 dauerhaft unter Druck.
Giri gewann dann in der Folge einen Bauern aber gegen den russischen "Verteidigungsminister" war dies zu wenig, um zu gewinnen.

Giri beendet seine Gewinnversuche. | Foto: Maria Emelianova.
Auf die Frage, ob er an seine Siegchangen geglaubt habe antwortete Giri: "Ich hatte eine Menge Spass aber wirklich optimistisch war ich nicht!"
Aber wie schafft es Karjakin diese Endspiele zu verteidigen? Vor allem durch seine unglaubliche Konzentrationsfähigkeit! So sagte er nach der Partie zu Chess.com, dass er heute fünfeinhalb Stunden Durst gehabt habe, bis er schließlich auf seinem Tisch eine Wasserflasche entdeckte, die die ganze Zeit vor ihm gestanden hatte...

Der Verteidigungsminister hat wieder zugeschlagen. | Foto Maria Emelianova.
Die letzten beiden Partien waren nicht besonders aufregend. Maxime Vachier-Lagrave spielte gegen Wesley So seine Lieblings-Grünfeld-Variante und erreichte ein Endspiel mit leichten Vorteilen, das aber nach 43 Zügen mit einem Remis endete. Fabiano Caruana und Magnus Carlsen gingen in einer Anti-Marshall Eröffnung kein Risiko ein.
Der Weltmeister hatte auf eine bessere Partie gehofft, aber es sollte wohl nicht sein.
Carlsen in the confessional: "I played something unsual today. I am happy he is still thinking. Hoping for an exciting game. " #NorwayChess
— Tarjei J. Svensen (@TarjeiJS) June 7, 2017

Carlsen unterhält sich mit seinem Sekundanten Peter Heine Nielsen. Anstatt am Abend ein Justin Bieber Konzert in Stavanger zu besuchen, spielten die beiden aber lieber Basketball. | Foto: Maria Emelianova.
2017 Altibox Norway Chess | Tabelle nach der 2. Runde
| # | Land | Name | ELO | Leistung | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | Punkte | SB |
| 1 | Kramnik,Vladimir | 2808 | 2974 | ½ | 1 | 1.5/2 | 1.00 | |||||||||
| 2 | Nakamura,Hikaru | 2785 | 2972 | ½ | 1 | 1.5/2 | 1.00 | |||||||||
| 3 | Aronian,Levon | 2793 | 2796 | ½ | ½ | 1.0/2 | 1.25 | |||||||||
| 4 | Carlsen,Magnus | 2832 | 2810 | ½ | ½ | 1.0/2 | 1.00 | |||||||||
| 5 | So,Wesley | 2812 | 2814 | ½ | ½ | 1.0/2 | 1.00 | |||||||||
| 6 | Caruana,Fabiano | 2808 | 2812 | ½ | ½ | 1.0/2 | 1.00 | |||||||||
| 7 | Karjakin,Sergey | 2781 | 2789 | ½ | ½ | 1.0/2 | 1.00 | |||||||||
| 8 | Vachier-Lagrave,Maxime | 2796 | 2799 | ½ | ½ | 1.0/2 | 0.75 | |||||||||
| 9 | Anand,Viswanathan | 2786 | 2612 | 0 | ½ | 0.5/2 | 0.50 | |||||||||
| 10 | Giri,Anish | 2771 | 2593 | 0 | ½ | 0.5/2 | 0.50 |
Die Paarungen der dritten Runde lauten: Carlsen-Nakamura, Kramnik-So, Aronian-Giri, MVL-Caruana und Karjakin-Anand.
Ihr könnt die Partien auf unserem Live Server jeden Tag um 16.00 Uhr verfolgen. Berichte über das Turnier findet ihr hier auf Chess.com/News und auf unseren Twitter, Facebook und YouTube Kanälen.
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