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Die FIDE Olympiade findet nicht in Russland statt - Die Ukraine fordert den Ausschluss Russlands
Von links nach rechts: Sergey Karjakin, Ian Nepomniachtchi und Nikita Vitiugov. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die FIDE Olympiade findet nicht in Russland statt - Die Ukraine fordert den Ausschluss Russlands

PeterDoggers
| 1 | Sonstige

Die Schacholympiade 2022, die vom 26. Juli bis 9. August geplant ist, findet nicht in Russland statt. Dies wurde von der FIDE nach der russischen Invasion in der Ukraine bekannt gegeben.

Die Haltung von Chess.com zu diesem Thema findet Ihr hier.

Die diesjährige Olympiade sollte parallel mit einem Turnier für Spieler mit Behinderungen und dem FIDE-Kongress in Moskau stattfinden. "Wir werden unser Möglichstes tun, um einen anderen Veranstalter für die Olympiade zu finden und alle Informationen über den Ort und die Daten für den FIDE-Kongress 2022 zu gegebener Zeit bekannt geben", schrieb die FIDE am Freitag in einer Erklärung.

FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich lieferte in einem Gespräch mit russischen Reportern auch einige Hintergrundinformationen. Er erklärte, dass dies eine Entscheidung des gesamten FIDE-Councils gewesen sei: "Es ist nicht meine persönliche Entscheidung. Wir haben diese Entscheidung unter Berücksichtigung aller sich gerade entwickelnder Umstände getroffen und wissen, dass die Teilnehmer der Schacholympiade in einer solchen Zeit unmöglich nach Moskau kommen können. Das war natürlich schwer zu akzeptieren, aber objektiv war es notwendig. Die Frage, ob wir in Zukunft solche Veranstaltungen in Russland durchführen können, kann ich heute nicht beantworten. Wir werden am Sonntag eine Sitzung des FIDE-Councils haben und dort diese Themen diskutieren. Danach werde ich in der Lage sein, mehr zu sagen."

Durch die Verlegung der Olympiade von Russland in ein anderes Land hat der Internationale Schachverband einen ähnlichen Schritt wie der Europäische Fußballverband UEFA unternommen, der das diesjährige Champions League Finale von St. Petersburg nach Paris verlegt hat.

Anders als die UEFA, die gestern eine Erklärung abgab, in der sie die anhaltende russische Militärinvasion in der Ukraine verurteilte, hat die FIDE die Militäraktionen Russlands bisher nicht verurteilt. Stattdessen brachte der Schachverband lediglich in einer Erklärung seine "ernsthafte Besorgnis über die sich derzeitig sich rapide verschlechternde geopolitische Situation" zum Ausdruck.

FIDE-Präsident Dvorkovich, der zwischen 2008 und 2018 hohe Positionen in der russischen Regierung innehatte, war diese Woche in Afrika unterwegs.

Ein ranghoher FIDE-Funktionär bezog aber Stellung. Nigel Short, einer der Vize-Präsidenten der FIDE, twitterte: "Die russische Invasion in der Ukraine ist der entsetzlichste Akt der Aggression gegen eine souveräne Nation." 

Die Entscheidung der FIDE, die Olympiade zu verlegen, wurde ungefähr zur gleichen Zeit wie eine Erklärung des Ukrainischen Schachverbands auf Facebook veröffentlicht.

Der Verband fordert die Europäische Schachunion und alle nationalen Verbände auf, "die gewalttätigen Ereignisse in der Ukraine unverzüglich als Krieg zu bewerten, nachdem sich die FIDE sich geweigert hat, den Krieg als Krieg zu bezeichnen" und behauptet, dass "alle Bankkonten und Sponsoren der FIDE auf die Sanktionsliste gesetzt worden sind und die FIDE selbst weiterhin von einem engen Freund Putins geleitet wird – Arkady Dvorkovich."

Ukrainische Schachfunktionäre appellieren an die FIDE, "dringend die Generalversammlung außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation und Weißrusslands einzuberufen, um das Verhalten der FIDE-Führung und die Wiederwahl ihrer Führungsgremien zu verurteilen und russische Spieler von internationalen Schachveranstaltungen auszuschließen und russischen Staatsbürgern die Teilnahme bei neuen FIDE-Wahlen zu verbieten."

Die Erklärung des Ukrainischen Schachverbandes endet mit der Bitte um "die angemessene Beurteilung und Bestrafung der berühmten Großmeister, die offen die kriminelle Aggression gegen die Ukraine unterstützt haben", und es werden der 12. Weltmeister Anatoly Karpov und die Großmeister Sergey Karjakin und Sergey Shipov genannt.

Karpov war einer der 351 Abgeordneten der Staatsduma, die für die Anerkennung der Volksrepublik Donezk (DNR) und der Volksrepublik Luhansk (LNR) gestimmt haben. Karpov tauchte gestern auf der Liste der natürlichen und juristischen Personen der Europäischen Union auf, gegen die Sanktionen verhängt wurden. Die EU-Sanktionen umfassen das Einfrieren der Vermögenswerte dieser Personen auf dem Gebiet der EU sowie ein Einreiseverbot in die EU.

EU sanctions against Anatoly Karpov.
EU Sanktionen gegen Anatoly Karpov.

Shipov, ein beliebter Schachkommentator in Russland, ist ebenfalls ein Putin-Anhänger. Am Donnerstag schrieb er auf Facebook: "Jetzt können Donezk und Lugansk friedlich schlafen. Acht Jahre Leben unter den Bomben sind zu Ende."

Karjakin unterstützt offen die russische Regierung. Ebenfalls am Donnerstag teilte er seinen Standpunkt, indem er sagte, dass er derselben Meinung wie die russische Staatsmedienjournalistin Anna Shafran sei. In einem Text auf Telegram argumentierte sie, dass Russland "den Krieg nicht begonnen hat" und dass "jede Unterstützung für das Kiewer Regime eine Unterstützung für den Krieg ist".

Karjakin: "Ich unterschreibe jedes Wort! Besser kann man es nicht formulieren."

Ein weiterer Tweet von Karjakin, der hier nur als Screenshot gezeigt wird, weil er gelöscht wurde, wurde von einigen seiner Kollegen scharf kritisiert.

Karjakin tweet

Viele andere russische Großmeister haben ganz andere Ansichten geäußert – die des Entsetzens und des Unglaubens – und ein Ende des Krieges gefordert. Das jüngste war der in Petersburg ansässige Nikita Vitiugov der auf Twitter schrieb: "Ich werde meine Position klarstellen – Man kann sich nicht auf dem Territorium eines anderen verteidigen. Russen und Ukrainer sind Brüder, keine Feinde. Stoppt den Krieg."

Ähnliche Reaktionen von Schachpersönlichkeiten, unter anderem aus Russland, erschienen am Donnerstag ebenfalls. Zum Beispiel schrieb Ian Nepomniachtchi: "Die Geschichte hat schon viele schwarze Donnerstage gesehen. Aber der heutige ist es schwärzer als all die anderen."

Peter Svidler: "Nur Schweigen hat heute möglich gemacht."

Alexandra Kosteniuk hat ohne weiteren Kommentar nur ein schwarzes Bild getwittert:

Alexander Motylev: "KEIN KRIEG"

IM Alina Bivol: "Bis vor kurzem glaubte ich, dass dies nicht passieren würde. Ich möchte Schachspieler auf der ganzen Welt dazu aufrufen, uns nicht für das Vorgehen der Regierung zu hassen. Wir wissen, dass es falsch ist."

Viele andere bekannte Spieler haben kommentarlos eine ukrainische Flagge zu ihren Profilen in den sozialen Medien hinzugefügt, um ihre Unterstützung zu zeigen.

Unterdessen wächst die Besorgnis um die Sicherheit ukrainischer Schachspieler – insbesondere aufgrund von Tweets wie dem folgenden von Kirill Shevchenko, dem Gewinner des Lindores Abbey Blitz 2021 in Riga.



Weitere Top-Großmeister haben Kommentare abgegeben. Einer der ersten war der Amerikaner Hikaru Nakamura: "Es ist viele Jahre her, seit ich in der Ukraine war, aber zu sehen, was jetzt passiert, ist herzzerreißend. Bleibe stark, Ukraine."

Der Inder Vidit Gujrathi: "Tragisch und unmenschlich."

Der 13. Weltmeister Garry Kasparov, der in seinem Buch "Winter is Coming" schon 2015 davor gewarnt hatte, was diese Woche passiert ist, war auf Twitter und anderen Plattformen aktiv. Der folgende, fünfteilige Tweet wurde viele Male retweetet.

Der schottische Großmeister Jacob Aagaard, ein bekannter Autor und Trainer, wies darauf hin, was der ukrainische Schachverband heute ebenfalls erwähnte: Es ist eine Tatsache, dass die FIDE stark von russischen Sponsoren abhängig ist, bei denen es sich oft um staatliche Unternehmen handelt. Beispiele sind der Gasversorger Gazprom, der Düngemittelriese PhosAgro und das Bergbauunternehmen Nornickel.

Aagaard: "In der FIDE haben wir jahrelang akzeptiert, Gazprom-Gelder zu nehmen. Es war politisch natürlich egal, was Russland tat und damals waren alle froh, sie zu haben. Jetzt müssen wir der Realität ins Auge sehen und Russland so lange ausschließen, wie das Land einen Krieg finanziert."

Unterdessen hat Weltmeister Magnus Carlsen gegenüber dem norwegischen Fernsehen kommentiert: "Wenn man ein Land repräsentiert, das so viele seltsame Dinge tut wie Russland, erlebt man viele Höhen und Tiefen. Russische Spieler und ich sind alle der Meinung, dass ein Land so etwas nicht tun sollte. Ich muss mein Bestes geben und habe das Glück, in einem Land zu leben, in dem Frieden herrscht."

Die Verlegung der Olympiade war ein erwarteter Schritt der FIDE, aber es bleibt abzuwarten, ob der Krieg in der Ukraine noch weitere Auswirkungen auf die Schachwelt haben wird.

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

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