
Grenke, Runde 7: Carlsen spielt beängstigend gut und siegt weiter
Magnus Carlsen verteidigte am Samstag durch einen Sieg über Levon Aronian seinen 1 Punkt Vorsprung bei den Grenke Chess Classics. Der einzige Spieler, der ihm noch auf den Fersen liegt, ist Fabiano Caruana, der gegen Arkadij Naiditsch gewinnen konnte. Viswanathan Anand musste gegen Georg Meier seine zweite Niederlage in Serie einstecken.
Nur einen Tag, nach der völlig erschöpft gewesen war und seinen Sieg gegen Meier als "totales Chaos" bezeichnet hatte, gewann Carlsen mit einer Energieleistung ein nie gefährdeter Sieg über Aronian. Kommentator Peter Leko sagte zu ihm im Studio: "Wenn Du ausgepumpt bist und trotzdem so spielst wie heute, dann ist das ziemlich beängstigend!"
Unser Analyst Dejan Bojkov sah das genauso: "Seine Überlegenheit ist beängstigend. Ich habe seit der Karpov Ära keinen Spieler mehr gesehen, der seine Partien so gewinnt. Weder seine Gegner noch die Engines wissen, was da eigentlich passiert ist!"

Es war nicht die Tatsache, dass er gegen Aronian gewonnen hatte, sondern wie er gewonnen hatte, die diese Reaktionen hervorruf. Sogar der Weltmeister selbst konnte nicht wirklich aufzeigen, wo sein Gegner die Partie verloren hat.
"Es sah so aus, als würde er überhaupt nicht schlechter stehen, aber plötzlich wurde seine Stellung sehr unangenehm," sagte Carlsen. "Es ist wirklich seltsam. Schwarz macht all diese natürlichen Züge und steckt plötzlich fest. Mein Spiel war sehr einfach. Ich wusste, was ich als Nächstes ziehen würde und für ihn wurde es immer schwieriger."

Es war eine Variante im Damengambit, bei der Weiß eine schlechtere Struktur für einen Entwicklungsvorsprung in Kauf nimmt. Das führte zu einer Stellung mit hängenden Bauern auf c4 und d5 und einem schwarzen Läufer, der auf dem Königsflügel absolut deplatziert aussah.
Die Partie wurde dann mit 18...b6 19.a4 a5 fortgesetzt und Carlsen rechnete mit 18...a5, was 19.a4 erzwungen hätte und dann 19...b6, wonach Schwarz seine Bauernstruktur am Damenflügel fixiert hätte und seinen Springer auf c5 bringen könnte.
Während der Partie wunderte er sich, warum Aronian nicht 18...a5 gespielt hatte, aber die Stellung kam auch so auf das Brett und dann wurde der b6-Bauer schwach und das warf die Frage auf, ob diese Struktur für Schwarz eigentlich gut oder schlecht ist.
Leko war sich ebenfalls nicht sicher und sagte: "Wir lernen jeden Tag etwas Neues hinzu!"
Wenn Aronian heute etwas schlecht gemacht hat, dann war es nur sein Umgang mit der Bedenkzeit. Nach dem 25. Zug hatte er nur noch eine Minute auf der Uhr und musste 15 Züge "auf den 30 Bonussekunden pro Zug" spielen.

"Ehrlich gesagt, fühlte ich mich heute viel besser," sagte Carlsen, der den armenischen Großmeister zum 16. Mal besiegen konnte. Dem Gegenüber stehen 7 Siege für Aronian.
"Gegen Gegner, gegen die ich schon so oft gespielt habe, zu spielen, ist viel leichter. Da hat man weniger Druck und kann sich einfach treiben lassen. Gegen andere denke ich über jeden Zug dreimal nach und hier spiele ich viel flüssiger."
Time for some updates on Carlsen's performance in 2019:
— Tarjei J. Svensen (@TarjeiJS) April 27, 2019
🥇 Performance rating: 2925
🎖️ Score: 74,1 % (+14 =15 -0)
🏆 Performance with white: 3016 (+8 =5 -0)
🏅 Performance with black: 2860 (+6 =10 -0)
Games since last loss: 57.#GrenkeChess
Carlsens Leistungsbilanz von 2019:
Elo-Leistung: 2925
Ergebnis: 74.1% (14 Siege, 15 Remis, 0 Niederlagen)
Elo Leistung mit Weiß: 3016
Elo Leistung mit Schwarz: 2860
Spiele in Serie ohne Niederlage: 57
Als er nach einem Kommentar zu Giris Turniersieg in Shenzhen gefragt wurde, sagte Carlsen mit einem lächeln:
"Ich möchte Anish meine ganz unaufrichtigen Glückwünsche zu seinem Sieg aussprechen!"
Dann fügte er hinzu: "Es war eine aufregende letzte Runde. Vielleicht hat er jetzt einen Bann gebrochen, aber wir werden ja sehen, was die Zukunft bringt. Aber um ehrlich zu sein, habe ich gemischte Gefühle."

Fabiano Caruana's Sieg über Arkadij Naiditisch war nicht ganz so flüssig, aber genauso beeindruckend. Beide Spieler übersahen zwar eine Taktik im 17. Zug, aber Caruana widerlegte den 17. und 19. Zug von Naiditsch mit computerartiger Präzision.

Gestern lagen noch 6 Spieler nur einen Punkt hinter Carlsen, aber seit heute kann ihm nur noch Caruana den Sieg streitig machen. In den Live-Ratings ist Carlsens Vorsprung aber ungleich größer. Hier führt der Norweger mit 50.3 Punkten Vorsprung.

Viswanathan Anand verlor seine zweite Partie in Folge; Ein Ergebnis, mit dem niemand wirklich gerechnet hatte, denn er spielte mit Weiß gegen den Träger der Roten Laterne, Georg Meier. Dieser spielte dann zwar seine bislang beste Partie in diesem Turnier, aber wenn Anand das Mattnetz früher entdeckt hätte, hätte sie wohl trotzdem mit einem Remis geendet.
Meier kommentierte: "Eigentlich habe ich mich geschämt, wie ich in den letzten paar Spielen gespielt habe, besonders weil ich die Partie gegen Vachier ja gleich zweimal verloren habe. Das hat mich anscheinend völlig gebrochen. Ich bin froh, dass ich heute eine vernünftige Partie gespielt habe und sogar Magnus sagte im vorbeigehen, dass sie nicht schlecht war, also denke ich, dass sie nicht schlecht war!"

Meier kehrte zu seiner Lieblingseröffnung, dem Rubinstein Französisch, die er schon zweimal gegen Anand gespielt hatte, "Ich dachte, dass Vishy vielleicht die Ideen ausgegangen sind, denn ich verstand nicht wirklich, was er gemacht hat," sagte er nach der Partie.
Die Partie war aufgrund der Rochaden auf verschiedene Seiten ziemlich scharf und irgendwann dachte Meier, dass sich sein Gegner nur noch retten wollte. Er wollte aber mehr, versuchte die Initiative zu behalten und als Anand eine Mattnetz übersah, wurde er für seinen Kampfgeist belohnt.

Als Vincent Keymer die letzte Partie in Karlsruhe gewinnen konnte, hoffte sein Trainer Peter Leko, dass in Baden-Baden für Vincent ein neues Turnier beginnen würde. Bis jetzt scheint das der Fall zu sein, denn sein Schüler remisierte zuerst gegen Aronian und jetzt gegen Peter Svidler.

Ein Remis, wie das von Maxime Vachier-Lagrave und Paco Vallejo sieht man nicht alle Tage. Die Partie dauerte 52 Züge und in der Endstellung waren immer noch alle Figuren und 13 der 16 Bauern auf dem Brett! Ist das die Art von Chaturanga-Schach, die Aronian so sehr mag?

Grenke Chess Classics 2019 | Tabelle nach der 7. Runde
# | Land | Name | ELO | Leistung | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | Punkte | SB |
1 | Carlsen,Magnus | 2845 | 2926 | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 5.5 | |||||
2 | Caruana,Fabiano | 2828 | 2824 | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 4.5 | |||||
3 | Vachier-Lagrave,Maxime | 2775 | 2783 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | 4.0 | 12.75 | ||||
4 | Svidler,Peter | 2737 | 2750 | ½ | ½ | 1 | 0 | ½ | 1 | ½ | 4.0 | 12 | ||||
5 | Naiditsch,Arkadij | 2710 | 2747 | ½ | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | 3.5 | 12 | ||||
6 | Anand,Viswanathan | 2779 | 2713 | ½ | ½ | ½ | 0 | 1 | 0 | 1 | 3.5 | 11.5 | ||||
7 | Aronian,Levon | 2761 | 2700 | 0 | ½ | 1 | ½ | ½ | ½ | ½ | 3.5 | 11 | ||||
8 | Vallejo Pons,Francisco | 2698 | 2662 | 0 | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | 2.5 | |||||
9 | Meier,Georg | 2621 | 2570 | 0 | 0 | 0 | 1 | ½ | ½ | 0 | 2.0 | 6.5 | ||||
10 | Keymer,Vincent | 2509 | 2595 | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 1 | 2.0 | 5.75 |
Die Paarungen der 8. Runde lauten:
Vallejo Pons gegen Naiditsch
Meier gegen Caruana
Aronian gegen Anand
Svidler gegen Carlsen
Vachier-Lagrave gegen Keymer
Das Turnier ist jetzt von Karlsruhe in das Kulturhaus LA8 museum in Baden-Baden umgezogen, wo bis zum 29. April die letzten Runden gespielt werden.
Die Bedenkzeit beträgt 100 Minuten für 40 Züge, gefolgt von 50 Minuten für 20 weitere Züge und dann 15 Minuten für den Rest der Partie. Zusätzlich erhalten die Spieler einen Zeitbonus von 30 Sekunden pro Zug. Remisgebote vor dem 40. Zug sind verboten.
Die Partien beginnen immer um 15:00 Uhr Ortszeit.
Ihr könnt das Turnier hier auf unserer Event-Seite verfolgen. Die Partien werden auf Live Chess übertragen.
GM Hikaru Nakamura wird die 8. Runde auf seinem Twitch Kanal GMHikaru übertragen!
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