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Speed Chess Championship: Carlsen macht das Traumfinale gegen Nakamura perfekt

Speed Chess Championship: Carlsen macht das Traumfinale gegen Nakamura perfekt

AnthonyLevin
| 2 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Magnus Carlsen hat Maxime Vachier-Lagrave im zweiten Halbfinale der Speed Chess Championship besiegt und damit das Traumfinale gegen Hikaru Nakamura perfekt gemacht. 

Der Weltmeister im klassischen Schach zeigte gegen den amtierenden Blitz-Weltmeister eine weitere dominante Leistung. Und obwohl er am Ende fast doppelt so viele Punkte wie der Franzose hatte und Vachier-Lagrave das Match acht Minuten vor Schluss aufgab, war Carlsen mit der Qualität seines Spiels unzufrieden.

Das große Finale zwischen Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura beginnt am Sonntag, dem 18. Dezember, um 20:00 Uhr.

So könnt Ihr zusehen:
Wie immer könnt Ihr auch die Speed Chess Championship 2022 auf Chess.com/TV ansehen. Wir übertragen das Event aber auch mit deutschen Kommentaren von Steve Berger auf Twitch und YouTube. Die englischsprachige Übertragung findet Ihr auf YouTube.com/ChesscomLive und die Partien des Events findet Ihr auf unserer Event-Seite.  

Die Übertragung vom Freitag mit Kommentator Steve Berger

Vachier-Lagrave ist der einzige Spieler, der Carlsen in der SCC-Geschichte besiegen konnte und dieser Sieg im Halbfinale 2020 trägt auch einen Teil dazu bei, dass der Franzose der wohl einzige Spieler der Welt ist, der gegen Carlsen im Blitzschach eine positive Bilanz aufweisen kann: 18 Siegen stehen nur 17 Niederlagen gegenüber (weitere 15 Partien endeten Remis).

Nichtsdestotrotz prognostizierte SmarterChess einen 68%ige Gewinnchance für Carlsen und in der Community tippten sogar 84% auf den Norweger. Wie das Endergebnis zeigt, hat er alle Erwartungen deutlich erfüllt.


Blitz 5|1: Carlsen-Vachier-Lagrave 6.5-2.5

Das erste Drittel der etwa vierstündigen Show zeigte das dominante Spiel von Carlsen, der Endspiele mit der faszinierenden Präzision, die ihn seit seiner Jugend auszeichnet, umsetzt. Mit Weiß tendierte er, vielleicht in der Hoffnung, seinen Gegner in weniger erforschtem Gebiet zu erwischen, zum Colle-Zukertort-System und mit Schwarz, abgesehen von einem Experiment mit der modernen Eröffnung, zum klassischen 1...e5.

In der ersten Partie hatten beide Spieler gewisse Chancen und obwohl die Stellung gegen Ende der Partie ausgeglichen war, war es ein weiterer Fall von "Magnus macht Magnus-Sachen". Während viele andere Spieler die Partie friedlich zu Ende spielen würden, fand der Weltmeister einen Weg, das symmetrische Endspiel zu gewinnen.

In der zweiten Partie versuchte Carlsen sein Glück mit der modernen Eröffnung, was im klassischen Schach vielleicht eine zweifelhafte Eröffnung wäre, im Blitz aber ein ambitionierter Versuch ist. Die Partie endete Remis und ab dann verließ sich der Weltmeister auf den bewährten Zug 1.e5.

In der dritten Partie schlug Vachier-Lagrave dann zurück und konnte den Spielstand ausgleichen:

In der vierten Partie spielte Carlsen den im Marshall-Angriff etwas ungewöhnlichen Zug 11...Lb7 (statt 11...c6). Der Norweger demonstrierte die Kompensation von zwei Läufern mit einem Minusbauern und verwandelte am Ende ein ungleichfarbiges Läuferendspiel mit einer "abgefahrenen Technik", wie es Kommentator Hess nannte.

Großmeister Rafael Leitao hat sich diese Partie ganz genau angesehen.

GM Rafael Leitao GotD

In der fünften Partie stellte Vachier-Lagrave eine Figur ein und Carlsen begann dem Franzosen davonzuziehen.

Nach einem Remis in der sechsten Partie gewann Carlsen zwei Partien in Folge und es schien, als würde sich eine Geschichte entwickeln, die wir schon in den Duellen gegen Gukesh D und Fabiano Caruana gesehen haben: Der Carlsen-Zug nimmt unaufhörlich Fahrt auf und ist durch nichts und niemanden aufzuhalten.

In der letzten Partie des ersten Drittels konnte sich Vachier-Lagrave dann immerhin ein Remis erspielen, aber es blieb die Frage, ob er die Kraft aufbringen könne, um den Rückstand von vier Punkten in den kürzeren Bedenkzeiten aufzuholen.

Blitz 3|1: Carlsen-Vachier-Lagrave 5-4

Obwohl Vachier-Lagrave laut Kommentator Hess im zweiten Drittel das bessere Schach spielte, war er nicht in der Lage, selbst technisch gewonnene Stellungen umzusetzen. Er fand viele Risse in der Rüstung des Norwegers, aber selbst als er einmal eine ganze Mehrfigur hatte, gelange es ihm nicht, den vollen Punkt einzufahren.

Die ersten fünf Partien endeten Remis, was zeigte, dass der Weltmeister zufrieden war, solange er seinen Vorsprung hielt. Tatsächlich verlor er im gesamten Match nur drei Partien – wobei andere Spieler schon sehr glücklich wären, wenn sie das von ihrem Match gegen Carlsen ebenfalls behaupten könnten.

Vachier-Lagrave stellte seine Bemühungen mit der spanischen Eröffnung ein und versuchte sein Glück mit der englischen Eröffnung. Nachdem er sich damit aber keinerlei Vorteile erspielen konnte, erklärte er auch dieses Experiment nach nur einer Partie für gescheitert und spielte fortan die italienische Eröffnung.

Carlsen spielte aber einfach unglaublich solides Schach uns selbst als er eine Figur einstellte, konnte er ein Remis retten...

...und das sogar zwei Mal in Folge!

In einer herzzerreißenden Partie brach Vachier-Lagrave in einem ungleichfarbigen Läuferendspiel mit zwei Türmen völlig zusammen. Zuerst verlor er seinen b5-Bauern und kurz darauf tappte er in ein Mattnetz.

Die nächste Partie war eine chirurgische Demontage des Läuferspiels in nur 22 Zügen.

"Es ist genug Zeit für ein Comeback, aber Magnus wird nicht einfach sieben Partien in Folge verschenken. Das wird er einfach nicht tun", sagte Naroditsky, während die Spieluhr weiter tickte. Gut zu spielen war nicht genug – Vachier-Lagraves Aufgabe schien immer unmöglicher und der Weltmeister weigerte sich einfach zu verlieren.

Die letzte Partie des zweiten Drittels gewann der französische Großmeister dann aber doch mit gnadenloser Technik in einem Turmendspiel.

Trotz dieser Niederlage ging Carlsen mit fünf Punkten Vorsprung in die letzte Pause.

Bullet 1|1:  Carlsen-Vachier-Lagrave 5.5-2.5

Die ersten beiden Bullet-Partien endeten Remis und obwohl das "Biest aus Lyon" dann als erster zuschlagen konnte, diktierte der Weltmeister auch den Rest des letzten Drittels.

Der Sieg des Franzosen kam zustande, indem der mit 31...Te4 die Dame fangen konnte:

Carlsen antwortete mit einem eigenen Sieg. Nach dem mit dem absolut genauen Zug 21.Kf1 seinen Springer auf e2 gedeckt hatte, sagte Naroditsky: "Kf1 ist der beste Engine-Zug. Carlsen ist eine verdammte Maschine. Es ist unglaublich, wie oft er in kritischen Momenten Engine-Züge findet."

Nachdem Carlsen seinen Rhythmus gefunden hatte, wurde der Schmerzzug für seinen Gegner nie langsamer. Naroditsky fragte in der Übertragung: "Wie schlägt man einen Magnus Carlsen, der so wachsam ist, der so scharf ist, der so schnell ist, der so gnadenlos ist, der so technisch perfekt ist?"

Das ist sicherlich eine Frage, mit der die besten Spieler der Welt seit über einem Jahrzehnt ringen – und eine, die Nakamura am Sonntag um 20.00 Uhr beantworten möchte.

How do you beat a Magnus Carlsen that's this alert, that's this sharp, that's this fast, that's this merciless, that's this technical?

—Daniel Naroditsky

Nach zwei weiteren Siegen des Weltmeisters gab Vachier-Lagrave das Match acht Minuten vor Schluss auf, denn der Rückstand von acht Punkten war in der restlichen Spielzeit auch rechnerisch nicht mehr aufzuholen.

Nach dem Match gab Carlsen zu: "Ich hatte das Gefühl, dass so gut wie alle Partien die ganze Zeit ziemlich ausgeglichen waren. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich irgendwie besser spielen würde, auch wenn das Ergebnis etwas anderes sagt."

Zu seinem bevorstehenden Finale gegen Nakamura sagte er: "Ich denke, keiner von uns hat im Halbfinale auch nur annähernd sein bestes Schach gezeigt. Also hat der Spieler, der im Finale sein Niveau anheben kann, wohl sehr gute Chancen."

Carlsen gewann damit auch $9.923,08 und Vachier-Lagrave ist um $2.076,92 reicher geworden.

Alle Partien

Speed Chess Championship 2022 - Der Turnierbaum

Die Speed Chess Championships 2022 geht vom 23. November bis zum 18. Dezember. 16 der besten Schachspieler der Welt kämpfen dabei in drei verschiedenen Bedenkzeiten um einen Anteil des Preisgeldes in Höhe von $100.000 und den prestigeträchtigsten Titel im Online-Schach.

Mit dabei sind Weltmeister Magnus Carlsen, Hikaru Nakamura, Ian Nepomniachtchi, Ding Liren, Nodirbek Abdusattorov und viele weitere Top-Spieler.


Weitere Berichte von der Speed Chess Championship 2022:

AnthonyLevin
NM Anthony Levin

NM Anthony Levin caught the chess bug at the "late" age of 18 and never turned back. He earned his national master title in 2021, actually the night before his first day of work at Chess.com.

Anthony, who also earned his Master's in teaching English in 2018, taught English and chess in New York schools for five years and strives to make chess content accessible and enjoyable for people of all ages. At Chess.com, he writes news articles and manages social media for chess24.

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