Die besten Schachspieler:innen der Welt

GM Vladimir Kramnik

Vladimir Kramnik
Vollständiger Name
Vladimir Kramnik
Geboren
Jun 25, 1975 (Alter 49)‎
Geburtsort
Tuapse, Sowjetunion
Föderation
Russland
Inaktiv
2019
Profile

Rating

Bio

Vladimir Kramnik ist der einzige Schachweltmeister, der in den 70er Jahren geboren wurde. Er hielt den Titel des PCA Weltmeisters von 2000 bis 2006 und den Titel des alleinigen Schachweltmeisters von 2006 bis 2007. Er war mehr als zwei Jahrzehnte lang einer der besten Spieler der Welt, bevor er im Jänner 2019 seine Karriere im Alter von 43 Jahren beendete.

Die Anfänge seiner Karriere

Vladimir Kramnik wurde 1975 am Schwarzen Meer, in Tuapse (Russland - damals UdSSR) geboren. Als Student der Mikhail Botvinnik Schachschule gewann er 1992 die U18-Jugendweltmeisterschaft.

Kramnik war schon vor seinem 20. Geburtstag ein absoluter Spitzenspieler. 1993, im Alter von 18 Jahren, beendete er das Turnier von Linares, bei dem unter anderem Garry Kasparov, Anatoly Karpov und Viswanathan Anand mitspielten, auf dem 5. Platz. Beim nächsten Turnier in Linares konnte Kramnik zum ersten Mal gegen Kasparov gewinnen und es sollte bei weitem nicht sein letzter Sieg bleiben

Kramniks kometenhafter Aufstieg führte dazu, dass er im Jänner 1996 zum ersten Mal auf dem ersten Platz der FIDE-Ratingliste stand. In den neunziger Jahren sollte er jedoch nie um die Weltmeisterschaft spielen. 1994 verlor er bei den Kandidatenturnieren der FIDE und der PCA und 1999 schied er bei der im KO-Modus gespielten FIDE-WM im Viertelfinale aus.

Vladimir Kramnik, 1993
Kramnik, 1993. Foto: Wikimedia, CC BY-SA 3.0.

In den späten 90er Jahren wurden Kramnik, Anand und Alexei Shirov als die drei größten potenziellen Herausforderer von Kasparov angesehen. Nachdem Anand 1995 gegen Kasparov verloren hatte, kehrte er zum FIDE-Verband zurück, während Kramnik und Shirov 1998 ein Match um das Recht spielten, Kasparov herauszufordern. Kramnik verlor, aber die Verhandlungen zwischen Kasparov und Shirov scheiterten schließlich ebenfalls.

Da ihm Kasparov dann ein Match um die Weltmeisterschaft anbot, musste Kramnik letztendlich überhaupt kein Turnier oder Match gewinnen, um um die Weltmeisterschaft zu spielen. Zu Beginn der Weltmeisterschaft im Jahr 2000 war Kramnik jedoch in der Rangliste vor Shirov platziert.

PCA Weltmeister

Obwohl Kramnik in Topform war und sich schon mehrmals gegen Kasparov behauptet hatte, galt Kasparov als klarer Favorit auf den Sieg. Schließlich führte er die Weltrangliste mit einem riesigen Vorsprung an. Kramnik konnte aber nicht nur seine Anwesenheit rechtfertigen, sondern sogar die Weltmeisterschaft gewinnen.

Kramnik schlug bereits in der zweiten Partie zu. Gegen Kasparovs Grünfeld-Verteidigung fand Kramnik in den Zügen 10 und 11 eine Neuerung, erreichte im 26. Zug ein vorteilhaftes Endspiel und holte sich im 40. Zug den vollen Punkt.

Kramnik behielt seinen Vorsprung bis zur 10. Partie. Kasparov hatte seit der zweiten Partie nicht mehr die Grünfeld-Verteidigung gespielt und sich in der 10. Partie für die Nimzo-Indische Verteidigung entschieden. Das Ergebnis war eine Niederlage nach 25. Zügen. Sechs Partien vor Schluß hatte Kramnik somit einen Vorsprung von 2 Punkten.

Kasparov konnte keine einzige Partie gewinnen. Nach Unentschieden in den nächsten fünf Partien war das Match vorbei. Kramnik war damit der erste Herausforderer seit Jose Capablanca im Jahr 1921, der es geschafft hat, keine einzige Partie zu verlieren.

Mit Schwarz verließ sich Kramnik bekanntermaßen auf die Berliner Verteidigung in der Spanischen Eröffnung, mit der er in den Partien 1, 3, 9, 11 und 13 ein Remis erzielte. In den Partien 5 und 7 spielte Kasparov 1. c4 und auch der Zug 1. d4, den Kasparov in der 15. Partie versuchte, brachte ihm nicht den gewünschten und dringend benötigten Erfolg.

 

Kramnik-Kasparov, 2001
Kramnik spielte ein Jahr nach der WM beim Botvinnik Memorial erneut gegen Kasparov. Foto: Wikimedia © Kasparov Agency, CC BY-SA 3.0.

2001 gelang es Kramnik als zweitem Spieler der Geschichte, die Schallmauer von 2800 zu durchbrechen, aber 2004 hätte er seinen Titel fast an den Ungarn Peter Leko verloren. Stattdessen tat er es aber Emanuel Lasker (1910), Botvinnik (1951) und Kasparov (1987) gleich, die ihren Titel ebenfalls durch ein Unentschieden in einem WM-Kampf verteidigt hatten. Da der WM-Modus mittlerweile geändert wurde, und der Titel bei einem Unentschieden durch ein Playoff ausgespielt wird, wird Kramnik auch der letzte Spieler in dieser Liste bleiben. Genau wie schon Lasker und Kasparov vor ihm, benötigte auch Kramnik einen Sieg in der letzten Partie, um seinen Titel zu verteidigen.

Nachdem Kramnik die erste Partie mit Schwarz gewonnen hatte, verlor er die Partien 5 und 8 und musste in den letzten sechs Partien einen Punkt gutmachen. Fünf Partien und 5 Remis später war die Ausgangslage immer noch dieselbe.

In der 14. und letzten Partie der Weltmeisterschaft versuchte Kramnik jedoch, nachdem er in der 12. Partie die Hauptvariante versucht hatte, die Vorstoßvariante gegen Lekos Caro-Kann. Nach 33 Zügen hatte Kramnik seine letzten beiden Figuren auf optimalen Feldern platziert. Einen Springer auf d6 und einen Turm auf der siebten Reihe. Dann marschierte er mit seinem König bis nach f6, um ein Mattnetz zu spinnen und den Weltmeistertitel zu verteidigen.



Alleiniger Schachweltmeister

Nach Leko, musste Kramnik 2006 seinen Titel gegen Veselin Topalov verteidigen, aber dieses Mal war alles anders. Topalov war nicht nur die Nummer 1 der Weltrangliste, sondern auch der Weltmeister der FIDE und dieser WM-Kampf sollte die beiden Schachverbände nach 13 Jahren wieder vereinigen.

Es sollte eine dramatische, kontroverse und seltsame Weltmeisterschaft werden. Kramnik gelang ein Traumstart und er konnte die ersten beiden Partien gewinnen und blieb auch in den nächsten beiden ungeschlagen.

Vor der 5. Partie behauptete dann Topalovs Lager, dass Kramnik eine „verdächtige“ Anzahl von Toilettenpausen eingelegt hatte. Infolgedessen wurde entschieden, dass die Spieler entgegen dem Vertrag eine öffentlich zugängliche Toilette anstelle ihrer eigenen privaten Einrichtungen benutzen müssten. Darauf weigerte sich Kramnik, obwohl er den Vorteil der weißen Figuren gehabt hätte, zur 5. Partie anzutreten. Nach weiteren Verhandlungen und einer Rückkehr zu der Regel, dass die Spieler wie im Vertrag festgesetzt, ihre privaten Toiletten benutzen durften, wurde die Weltmeisterschaft dann fortgesetzt, aber die 5. Partie wurde für Kramnik wegen Nichtantretens als verloren gewertet.

Nach zwei Remis konnte Topalov zwei Partien in Folge gewinnen und die Führung übernehmen, aber Kramnik glich in der 10. Partie mit einer Katalanischen Eröffnung wieder aus. Zwei Remis später stand fest, dass die Weltmeisterschaft in einem Schnellschach-Tiebreak entscheiden werden würde. Kramnik remisierte die erste Partie mit Schwarz und danach konnte jede Partie mit Weiß gewonnen werden. Kramniks Sieg in der 16. Partie erwies sich als entscheidend und so wurde die Kontroverse vor der 5. Partie nur zu einer unglücklichen und nebensächlichen Episode in der Schachgeschichte.

Kramnik konnte den Weltmeistertitel aber nicht lange halten und sollte ihn verlieren, ohne ein Match verloren zu haben, denn für 2007 war bereite eine Weltmeisterschaft für 8 Spieler im Round-Robin-Format mit Hin- und Rückspiel geplant.

Kramnik erzielte in der ersten Hälfte des Turniers einen Sieg über Alexander Morozovich und 6 Remis. Eine Niederlage in der 9. Runde gegen Morozovich warf ihn dann aber auf den dritten Platz, 1½ Punkte hinter dem führenden Anand, zurück. Obwohl er in der 12. Runde gegen seinen alten Rivalen Leko und in der 14. Runde gegen Levon Aronian gewinnen konnte, schaffte es Kramnik nicht, seinen Titel in Mexiko zu verteidigen und musste ihn an den Weltranglistenersten und souverän spielenden Viswanathan Anand abtreten.

Glücklicherweise wusste Kramnik aber schon vor dem Turnier, dass er im Falle einer Niederlage ein Match gegen den Sieger bekommen würde.

Die Karriere nach der Weltmeisterschaft

Leider konnte aber auch 2008 nicht gegen Anand gewinnen. Er verlor 3 der ersten 6 Partie und hatte bei dem neuen 12-Partien Format keine Chance, diesen Rückstand aufzuholen. Kramnik betrieb zwar mit einem Sieg in der 10. Partie Schadensbegrenzung, aber Anand genügte ein Remis in der darauffolgenden Partie, um seinen Titel zu verteidigen.

Vladimir Kramnik
Kramnik bei der Weltmeisterschaft 2008. Foto: Wikimedia, CC BY-SA 3.0.

Trotz seiner WM-Ergebnisse in den Jahren 2007 und 2008 kehrte Kramnik im Jänner 2008 kurzzeitig auf den ersten Platz auf der FIDE-Ratingliste zurück und sollte auch im nächsten Jahrzehnt und weit darüber hinaus eine Konstante in den Top Ten der Welt bleiben.

In den letzten 10 Jahren seiner Karriere spielte Kramnik noch bei 3 Kandidatenturnieren, konnte sich aber nie mehr für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. 2012 verlor er im Halbfinale einen Schnellschach-Tiebreak gegen Alexander Grischuk. Beim Kandidatenturnier 2014 wurde er, 1½ Punkte hinter Anand, der ein Jahr zuvor von Magnus Carlsen entthront worden war, Dritter.

Vladimir Kramnik
Kramnik in 2018. Photo: Maria Emelianova/Chess.com.

Nachdem Kramnik beim Kandidatenturnier 2016 nur Zuschauer war, erhielt er für das Kandidatenturnier 2018 in Berlin als Nummer 3 der Weltrangliste eine Wildcard. Obwohl im in der zweiten Turnierhälfte die Luft ausging und er das Turnier nur auf dem fünften Platz beendete, gelangen ihm noch fulminante Siege, wie dieser in der dritten Runde über Levon Aronian:

Das Kandidatenturnier 2018 sollte Kramniks letzter Versuch, noch einmal Weltmeister zu werden, gewesen sein. Beim Tata Steel Turnier im Jänner 2019 gab Kramnik das Ende seiner Karriere bekannt.

Vermächtnis

Jeder Spieler wird nach mehr als seiner Bilanz gegen einen einzelnen Gegner beurteilt, aber Kramniks Bilanz gegen den wohl größten Spieler aller Zeiten, Garry Kasparov, ist einfach nur bemerkenswert. Er entthronte Kasparov nicht nur als Weltmeister, sondern hält gegen ihn auch eine positive Bilanz im klassischen Schach. Kramnik war auch der einzige Spieler, der in den 20 Jahren von 1985 bis zu Kasparovs Karriereende Kasparov als Nummer eins der Welt ablösen konnte. Kasparov selbst hat Kramniks Stil einmal mit dem von Karpov verglichen.

Im weiteren Sinne war Kramnik ein Spieler, der sich in jeder Eröffnung und damit in jeder Stellung wohlfühlte. Keine Eröffnung wird aber im Zusammenhang mit Kramnik öfters genannt, als die Berliner Verteidigung in der Spanischen Partie, mit der er Kasparovs Spiel mit Weiß bei der Weltmeisterschaft 2000 völlig neutralisieren konnte. Kramnik war aber gleichermaßen in der Lage, mit dem Sizilianer oder der Russischen Verteidigung auf 1. e4 zu antworten. Mit Weiß wurde Kramnik für seine Fähigkeit bekannt, gegen die Königsindische Verteidigung von Schwarz regelmäßig gewinnen zu können.

Jeder Schachweltmeister hinterlässt ein großes Erbe, aber Kramnik hat nicht nur als Weltmeister, sondern auch als Spieler, der 25 Jahre lang in der Weltspitze gespielt hat, Geschichte geschrieben.

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