Schachbegriffe
Hypermoderne Schule

Hypermoderne Schule

Es gibt nur wenige Schachschulen, die einen großen Einfluss auf das Spiel hatten und deren Prinzipien auch heute noch befolgt werden - die hypermoderne Schule ist eine von ihnen. Lass uns herausfinden, was hypermodernes Schach ist und warum es wichtig ist.

Hier erfährst du, was du über hypermodernes Schach wissen musst:


Was ist hypermodernes Schach?

Das hypermoderne Schach (auch bekannt als Hypermodernismus) ist eine der einflussreichsten und spielverändernden Schulen der Schachgeschichte. Im frühen 20. Jahrhundert stellte die Hypermoderne die langjährige Vorstellung in Frage, dass das Zentrum in der Eröffnung von Bauern besetzt werden muss.

Stattdessen zeigten die hypermodernen Spieler:innen, dass das Zentrum erfolgreich mit Figuren oder indirekter Kontrolle überwacht und umkämpft werden kann. Die Hypermoderne hat die alte positionelle Schule nicht ersetzt, sondern wird als Erweiterung der klassischen Theorie und Entwicklung des Schachs angesehen.

Die positionellen Ideen des ersten offiziellen Weltmeisters Wilhelm Steinitz und seine allgemeine Herangehensweise an das Spiel wurden von vielen übernommen. Siegbert Tarraschs Erweiterungen von Steinitz' Ideen schufen viele Prinzipien und "Regeln", die die hypermodernen Spieler:innen beugten oder ganz brachen.

hypermodern chess
Steinitz gilt als der Vater des positionellen Schachs. Foto: Wikimedia, CC.

Die hypermodernen Spieler:innen waren sich einig, dass die Mitte wichtig ist und um sie gekämpft werden muss, aber sie waren nicht einverstanden mit der Idee, dass die Mitte von Bauern besetzt werden muss. Sie entwickelten neue Ideen und setzten sie in die Praxis um. Einer der Pioniere des hypermodernen Schachs, Aaron Nimzowitsch, schuf Eröffnungssysteme, die auf seinen vielen Ideen basieren, darunter die Nimzowitsch-Indische Verteidigung.

hypermodern chess
Nimzowitsch war einer der frühen Verfechter der Hypermoderne. Foto: Wikimedia, CC.

Hypermoderne Prinzipien und Eröffnungen

In seinem berühmten Werk "Mein System" beschrieb Nimzowitsch diese neuen Schachideen, zu denen die Untergrabung des Zentrums, Bauernketten, Überprotektion, Prophylaxe, die Schaffung von Springer-Vorposten und vieles mehr gehörten. Diese Ideen vermischten sich mit den Ideen der neuen hypermodernen Eröffnungen.

Diese Eröffnungen basieren nicht darauf, den e- oder d-Bauern zwei Felder nach oben zu ziehen, wie fast alle früheren Eröffnungen. Stattdessen beginnen sie mit einer Springerentwicklung mit 1.Sf3 oder einem sofortigen Fianchetto mit 1.b3 oder 1.g3 mit den weißen Figuren. Mit Schwarz antworten die hypermodernen Eröffnungen nicht auf 1.e4 mit 1...e5 oder mit 1...d5 gegen 1.d4. Gegen 1.d4 beginnen sie mit 1…Sf6, das die Felder e4 und d5 kontrolliert, ohne diese zentralen Felder zu besetzen.

Die Idee, das Zentrum indirekt anzugreifen, zeigt sich bereits nach drei Zügen in der Nimzo-Indischen Verteidigung. Nach 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 können wir sehen, dass sowohl der Springer auf f6 als auch der Läufer auf b4 um das Feld e4 kämpfen. Der Läufer auf b4 greift das Feld e4 natürlich nicht direkt an, sondern fesselt den Springer auf c3, der die einzige Figur von Weiß ist, die das Feld e4 angreift.

Hypermodern chess
Die Nimzo-Indische Verteidigung kontrolliert indirekt das Zentrum.

Ein weiteres gemeinsames Merkmal der meisten hypermodernen Eröffnungen ist das Fianchetto. Ein Läufer mit einem Fianchetto kontrolliert indirekt das Zentrum von einem Flügel aus und ermöglicht es dieser Figur, indirekt um die Kontrolle des Zentrums zu kämpfen. Diese Idee ist in der Damenindischen Verteidigung zu sehen (die ein frühes Fianchetto am Damenflügel enthält):

hypermodern chess
In der Damenindischen Verteidigung wird ein frühes Fianchetto am Damenflügel eingesetzt.

Das Fianchetto kommt sehr früh in der Englischen Eröffnung, der Königsindischen Verteidigung, der Modernen Verteidigung, der Königsindischen Attacke, der Pirc-Ufimzew-Verteidigung, der Nimzowitsch-Larsen-Eröffnung und vielen anderen Eröffnungen vor. Die meisten dieser Eröffnungen erlauben es den Gegner:innen, ein starkes Zentrum zu schaffen, das später von Figuren angegriffen werden kann. Das kann man an der Königsindischen Verteidigung sehen, einer Eröffnung, die auch heute noch sehr beliebt ist.

hypermodern chess
Die Königsindische Verteidigung ermöglicht es Weiß, ein starkes Zentrum zu schaffen.

Hypermodernes Schach heute

Hypermoderne Schachideen werden auch heute noch häufig verwendet. Die beliebteste Antwort auf 1.d4 ist mit Abstand 1…Sf6. Sowohl die Nimzo-Indische als auch die Königsindische Verteidigung beginnen mit diesem Zug, sind beide äußerst beliebt und werden seit fast hundert Jahren von praktisch allen Weltmeister:innen und Weltklassespieler:innen gespielt. Einige der stärksten Spieler:innen aller Zeiten, darunter GM Garry Kasparov und GM Bobby Fischer, haben die Königsindische Verteidigung und die Nimzowitsch-Indische Verteidigung sehr oft gespielt.

Hypermodern chess
Kasparov (und viele Weltmeister:innen) haben die Königsindische Verteidigung und die Nimzowitsch-Indische Verteidigung gespielt. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die Réti-Eröffnung mit 1.Sf3 wird immer noch auf höchstem Niveau gespielt, und die Nimzowitsch-Larsen-Eröffnung mit 1.b3 wurde von GM Magnus Carlsen, GM Hikaru Nakamura und vielen anderen in Schnellschachpartien gespielt - hypermodernes Schach ist hier und bleibt! Schau dir alle hypermodernen Eröffnungen in den Eröffnungen oder in der Partiedatenbank von Chess.com an.

Schlussfolgerung

Du weißt jetzt, was hypermodernes Schach ist, was die hypermodernen Prinzipien und Eröffnungen sind und wie die hypermodernen Ideen und Eröffnungen heute noch verwendet werden. Besuche den Eröffnungsexplorer von Chess.com und lerne noch heute mehr über diese Eröffnungen!