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FIDE Grand Prix Berlin Runde 3: Keymer gewinnt gegen Dubov
Vincent Keymer hat seine erste Partie gewonnen. Photo: World Chess.

FIDE Grand Prix Berlin Runde 3: Keymer gewinnt gegen Dubov

chansen64
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Welch eine tolle Nachricht. In der dritten Runde des FIDE Grand Prix Turniers in Berlin konnte Vincent Keymer als einziger Spieler gewinnen und mit Leinier Dominguez Perez in der Tabelle der Gruppe B gleichziehen.

Die vierte Runde beginnt am Freitag, dem 25. März um 15.00 Uhr.

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Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Die deutschsprachigen Übertragungen mit Kommentaren von IM Steve Berger findet Ihr auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live.
Hier seht Ihr eine Aufzeichnung der Übertragung der dritten Runde:

Obwohl wieder 7 der 8 Partien Remis endeten, war die dritte Runde deutlich aufregender als das Remisfestival vom Vortag. Nur bei den Tabellenständen hat sich natürlich nicht viel verändert. Levon Aronian führt weiterhin die Gruppe A an, Alexandr Predke die Gruppe C und Nikita Vitiugov die Gruppe D. Alle mit einem halben Punkt Vorsprung.


Gruppe A

Etwa zur Mitte der Runde sah es so aus, als ob Grigoriy Oparin mit Tabellenführer Aronian zumindest gleichziehen könnte, aber am Ende des Tages standen dann doch zwei Remis auf der Anzeigetafel.

Esipenko ist der Spieler, der bislang am wenigsten aus seinen vorteilhaften Stellungen gemacht hat, denn in den ersten beiden Partien hatte er lange, hart und letztendlich vergebens gepusht. Heute spielte er mit Weiß gegen Aronian und entschied sich für die spanische Eröffnung. Aronian setzte wie fast immer auf die Berliner Verteidigung und war wie immer (hier kein "fast") hervorragend vorbereitet. Nach 4.d3 konnte er mit überraschender Leichtigkeit ausgleichen, indem er eine Variante spielte, die er schon 2016 in Paris gegen Weltmeister Magnus Carlsen gespielt hatte.

Aronian entschied sich in Berlin für die Berliner Verteidigung. Foto: World Chess.

Um den 20. Zug herum sah es so aus, als hätte Schwarz alle seine Probleme gelöst, aber nach gleich mehreren ungenauen Zügen von Aronian schlug die Bewertungsleiste zugunsten von Weiß aus. Mit dem Bauernvorstoß am Damenflügel wählte Esipenko jedoch den falschen Plan und der Vorteil verflog so schnell, wie er gekommen war. Im Endspiel waren sich die Spieler einig, dass keine Seite einen Fortschritt erzielen konnte und einigten sich auf ein Remis.

Oparin hatte es derweil mit Hikaru Nakamura zu tun. Der Amerikaner benötigt langsam aber sicher einen Sieg in diesem Turnier und griff auf seine alte Liebe, die Königsindische Verteidigung, zurück. Eine kämpferische und komplexe Eröffnung, die beiden Seiten eine Chance auf den Sieg gibt. Oparin konterte mit der scharfen Variante 5.Le2, gefolgt von 6.h4. Diese Variante galt früher als harmlos, hat aber in letzter Zeit wieder an Popularität gewonnen. Hauptsächlich, weil sie durch eine Zugumstellung zum Basman-Williams-Angriff (1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.h4) führen kann, worüber ich kürzlich ein Buch veröffentlicht habe. Obwohl Schwarz objektiv in Ordnung sein sollte, wurden die Schwierigkeiten, die Schwarz in dieser Stellung hat, in der heutigen Partie schnell deutlich.

Nakamura verteidigte sich auf wundersame Weise. Foto: World Chess.

Nakamura spielte natürliche Züge, aber aufgrund des weißen Bauern auf h6(!) funktionierten die typischen Konterideen nicht und schon bald hatte Nakamura eine sehr schwierige Stellung auf dem Brett, in der Themen wie Grundlienienmatts, Schachmatts auf g7 und gefangene Figuren überall auf dem Brett lauerten. Der amerikanische Großmeister setzte alles auf eine Karte und entschied sich als Antwort auf das atemberaubende Opfer 20.Lxg6! von Weiß für 19...Sb4, gefolgt von 20...Sxd5 und hoffte einfach darauf, dass Oparin den Zug 21.Lf5 nicht finden würde, der Nakamura mehr oder weniger zur Aufgabe gezwungen hätte.

Nakamuras Plan ging auf, denn Oparin spielte 21.Lxh7, was Schwarz einige Überlebenschancen gab, obwohl er objektiv gesehen immer noch in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Aber Nakamura sollte man nie eine Chance geben, die man ihm nicht geben sollte, denn er wird sie ergreifen und das Beste daraus machen. Und genau so ist es dann gekommen. Einer Ungenauigkeit von Weiß folgte die nächste und Schwarz bahnte sich seinen Weg zurück in die Partie und schließlich unterzeichneten die Spieler einen Friedensvertrag. Eine wundersame Flucht von Nakamura.

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Gruppe B

In der Gruppe B hat Vincent Keymer seine Partie gewonnen und führt jetzt gemeinsam mit Dominguez die Tabelle an!

Beginnen wir aber mit "Alter vor Schönheit". Shakhriyar Mamedyarov wollte mit Weiß gegen Dominguez unbedingt einen vollen Punkt verbuchen, kam aber niemals auch nur in die Nähe eines Sieges. Irgendwann hatte er zwar etwas Initiative, aber nach einem ungenauen Zug war diese schnell wieder verpufft.

In der gestrigen Partie gegen Dominguez war Keymer noch glücklich mit einem Remis davongekommen. Heute traf er auf den bislang glücklosen Daniil Dubov. Beim ersten Grand Prix begannen die beiden Youngster ihre Partie mit einer slawischen Verteidigung und beendeten sie mit einem Remis.

Keymer war der große Sieger des Tages. Foto: World Chess.

Heute strebten die Spieler eine schärfere Variante mit einer unausgeglichenen Bauernstruktur an. Keymer hatte diese Stellung schon mehrfach und mit beiden Farben gespielt, während sie Dubov zum ersten Mal auf dem Brett hatte. Anfangs stand Dubov aber wirklich gut und das änderte sich erst, als er seinem ungenauen Zug 18...Sd3 den Fehler 21...Sd5 folgen ließ. Danach konnte Keymer zwei Bauern gewinnen und die Bauernstruktur vor Dubovs König war völlig zerstört.

Gruppe C

Obwohl es zwischenzeitlich so aussah, als könnte Sam Shankland seine Partie gewinnen, standen am Ende des Tages auch in der Gruppe C zwei Remis zu Buche.

Als erstes war aber die Partie zwischen Wesley So und Maxime Vachier-Lagrave beendet. Der amerikanische Großmeister hatte zweifellos einen Blick auf die Tabelle geworfen und sich gedacht: "Vachier-Lagrave wird eine unausgeglichene Stellung, in der er einige Gewinnchancen haben wird, anstreben wollen. Also vermeiden wir das!"

Eine der friedlichsten Partien des Tages. Foto: World Chess.

Deshalb entschied sich So für etwas, das kaum als ehrgeizig bezeichnet werden kann. Nachdem er von Vachier-Lagraves sechstem, siebtem und achtem Zug überrascht worden war, zog er im Wesentlichen die Notbremse und schickte die Partie in Richtung eines Endspiels, das für Weiß bestenfalls als geringfügig besser angesehen werden kann, in dem er aber keine wirklichen Gewinnchancen hat. Nach 37 Zügen einigten sich die Spieler auf ein Remis.

Die Partie Shankland gegen Predke war dann die längste Partie des Tages. In einer Abtauschvariante des  abgelehnten Damengambits hatte Shankland nur sehr wenig aus der Eröffnung herausgeholt und Schwarz hatte allen Grund, um mit seiner Stellung zufrieden zu sein. Das hinderte Shankland aber nicht daran, seine Stellung im Mittelspiel methodisch zu verbessern und sich einen Vorteil verschafften. Beim Übergang in ein Turmendspiel konnte er dann zwar einen Bauern gewinnen, aber hauptsächlich, weil es Predke zugelassen hatte.

Shankland versuchte dann eine Weile zu gewinnen, konnte aber Predkes Verteidigung nie knacken und Predke war eigentlich nie in ernsthafter Gefahr. Trotzdem verdienen die Spieler aber für diese faszinierende Partie und ihren Kampfgeist viel Anerkennung.

Die längste Partie des Tages. Foto: World Chess.

Gruppe D

Nach den beiden Remis führt Vitiugov die Tabelle weiterhin vor Anish Giri und Yu Yangyi an.

Giri hatte in dieser Runde die Gelegenheit Vitiugov als Tabellenführer abzulösen und entschied sich, die Partie mit 1.e4 zu beginnen. Der Russe entschied sich für die Kan-Variante der Sizilianischen Verteidigung, die er schon mehrere Male zuvor, unter anderem gegen seine Landsmänner Alexander Grischuk und Sergey Karjakin, gespielt hatte. Sicher nicht nur deshalb war Giri auf diese Eröffnung bestens vorbereitet.

Vitiugov (rechts) und Giri. Foto: World Chess.

Allerdings war es Vitiugov, der als erster von seinen vorherigen Partien abwich und Weiß auf a7 schlagen ließ. Weiß gewann die Initiative, aber es bedurfte nicht mehr als eines ungenauen Zuges, um die Initiative verschwinden zu lassen, obwohl auch Vitiugovs präzise und effiziente Verteidigung mit 19...f5, 20...Tc7, 21...e5  dazu beigetragen hatte! Nach diesen Zügen hatte Schwarz alles, was er brauchte, um ein ausreichendes Gegenspiel zu schaffen.

 

In der anderen Partie dieser Gruppe setzte Tabatabaei auf die solide, aber aus der Mode gekommene Tartakower-Variante im abgelehnten Damengambit. Weiß gewann zwar etwas Initiative, aber mit präzisem Spiel opferte Tabatabaei vorübergehend einen Bauern, weil er gesehen hatte, dass er ihn problemlos zurückgewinnen kann und danach eine völlig ausgeglichene Stellung haben würde. Kurz darauf einigten sich die Spieler auf ein Remis.

Ergebnisse

Alle Partien der dritten Runde

Der FIDE Grand Prix in Berlin ist das dritte und letzte Turnier des FIDE Grand Prix 2022. Es findet vom 22. März bis um 4. April statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 14.00 Uhr.


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