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Tata Steel Runde 6: Carlsen schließt zu den Führenden auf
Magnus Carlsen liegt jetzt auf dem geteilten ersten Platz. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Tata Steel Runde 6: Carlsen schließt zu den Führenden auf

PeterDoggers
| 0 | Chess.com Nachrichten

Durch einen ziemlich reibungslosen Sieg über Richard Rapport hat Weltmeister Magnus Carlsen in der sechsten Runde des Tata Steel Turniers 2022 zu den beiden Führenden aufgeschlossen. Der tragische Held des Tages war aber Fabiano Caruana, der in Zeitnot in einer ausgeglichenen Stellung gegen Anish Giri einen Turm einstellte.

Sergey Karjakin überspielte Jorden van Foreest und konnte damit seine erste Partie in diesem Turnier gewinnen und im Challenger Turnier zieht Arjun Erigaisi dem Feld davon. Der Inder gewann gegen seinen Landsmann Surya Ganguly seine fünfte Partie in Serie.

So könnt Ihr das Turnier live verfolgen:
Chess.com überträgt das Turnier live und in voller Länge, mit Kommentaren von IM Steve Berger und IM Elisabeth Pähtz auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events.
Alle Partien findet Ihr auf unserer Event-Seite: Masters | Challenger
Die englischsprachige Übertragung findet Ihr auf dem YouTube Kanal Chess.com Live und hier könnt Ihr Euch die Aufzeichnung der englischsprachigen Übertragung der 5. Runde ansehen:

Wie Andrey Esipenko im letzten Jahr, hatte auch Rapport seine allererste Partie gegen Carlsen gewonnen. Das war im Jahr 2017 und ebenfalls in Wijk aan Zee. Ein Jahr später revanchierte sich Carlsen und seitdem er ihn beim Norway Chess 2021 erneut besiegen konnte, hat er eine positive Bilanz gegen den Ungarn. Heute hat er wieder gewonnen.

Über eine 1.Sf3-Zugumstellung erreichten die Spieler das Offene Katalanisch, wobei Rapport mit einem frühen ...Sc6 und ...Tb8 eine Nebenvariante spielte, in der Schwarz versucht, seinen c4-Bauern zu halten. Es war eine Variante, die Carlsen seit 16 Jahren nicht mehr auf dem Brett hatte und beide Spieler verbrauchten ungewöhnlich viel Zeit in der Eröffnung.

"Beide Spieler hatten bei allen Zügen sehr viele Alternativen und deshalb gab es sehr viel zu beachten", sagte Carlsen. "Am Ende haben wir aber die offensichtlichsten Züge gemacht, was auch normalerweise nach langem Nachdenken passiert."

Carlsen Rapport Tata 2022
Carlsen eröffnete auch gegen Rapport mit 1.Sf3. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Es scheint, als wären beide Spieler im siebten (16-minütiges Nachdenken von Rapport) bzw. achten (24-minütiges Nachdenken von Carlsen) Zug "out of book" gewesen und der Zug 8.Dc1 war bereits eine Neuerung. Rapport beschloss, den Bauern für eine schnellere Entwicklung zurückzugeben, aber das bedeutete, dass seine Struktur ein wenig beschädigt worden war.

Das Mittelspiel wurde bald sehr konkret. Als Rapport eine Chance für aktives Spiel im Zentrum verpasste, wurde Carlsens a-Freibauer plötzlich zu einem wichtigen Faktor, der Weiß bald einen gewinnenden Vorteil verschaffte. Unsere Co-Kommentatorin WIM Fiona Steil-Antoni sagte dazu: "Ganz plötzlich ging es im Handumdrehen von Nichts auf Sieg!"

"Nach den verpassten Chancen in der letzten Runde brauchte ich heute unbedingt einen Sieg. Jetzt sieht doch alles viel besser aus", sagte Carlsen.

Obwohl beide noch keine 30 Jahre alt sind, gehören Caruana und Giri in Wijk aan Zee zu den Veteranen. Sie spielten bereits ihre 35. (!) klassische Partie gegeneinander und vor dem heutigen Tag war die Bilanz 3:3 Unentschieden (bei 28 Remis).

Caruanas untheoretisches Doppelfianchetto in der Eröffnung war vielleicht ein Zeichen der Frustration über die gescheiterten Versuche, gegen das solide Eröffnungsrepertoire seines Gegners Ideen zu finden. Giris entschied sich als Reaktion darauf für eine Art "London System mit Schwarz".

Nach 13 Zügen hatte Caruana mehr Zeit als zu Beginn auf der Uhr und es dauerte 19 Züge, bis die ersten Bauern das Brett verließen. Das Bauernopfer im 24. Zug war stark und der amerikanische GM entwickelte darauf eine starke Initiative, die sogar gewonnen hätte, wenn er im 31. Zug Sg4! gespielt hätte.

Caruana Giri Tata 2022
Caruana und Giri begrüßen sich vor Partie. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Dann übernahm aber Giri das Ruder und er erspielte sich einen großen Vorteil, doch Caruana gelang es trotz Zeitnot, die Stellung zu halten. Und dann entschied plötzlich ein schrecklicher Fehler im 40. Zug die Partie. Es hatte den Anschein, als hätte Caruana den Springer auf c4 einfach vergessen.

Giri war mit dem vollen Punkt zufrieden, aber nicht mit seinem Spiel und sagte: „Entweder bin ich einfach kein sehr guter Schachspieler, oder irgendwie sind die Stellungen, die ich bekomme, zu kompliziert für mich. Oder die Engines sind zu stark. Ich weiß es nicht. Wenn ich meine Partien mit dem Computer analysiere, sind sie so furchtbar schlecht und auch die heutige war wieder eine Katastrophe.

Der Holländer hatte das Gefühl, dass er durchgehend "nicht die richtige Einschätzung hatte" und dass es ihm nicht mal in den Sinn gekommen war, dass er auf Gewinn steht. Über den Fehler seines Gegners bemühte er ein bekanntes Sprichwort: "Springerrückzüge sind die schwierigsten Züge im Schach."

Van Foreest und Karjakin hatten zuvor nur einmal gegeneinander gespielt. Das war online und Karjakin hat gewonnen. Der Holländer probierte eine neue, etwas seltsam aussehende Idee in der Italienischen Eröffnung aus: Er platzierte seinen Königsläufer auf b8. Das war eigentlich nur als vorübergehendes Übel geplant, aber Karjakin konnte sich mit einigen guten, konkreten Zügen einen großen Vorteil verschaffen.

"Es war eine prinzipientreue Linie, die er gespielt hat", sagte Karjakin, der darauf hinwies, dass dieser Italiener sehr wahrscheinlich vom Carlsens Team (zu dem Van Foreest gehörte) und ganz sicher von Ian Nepomniachtchis Team (zu dem er selbst gehörte) ausgiebig analysiert worden war.

Vor allem der Zug 24.b4 war stark und Karjakin verbesserte seine Stellung langsam aber sicher immer weiter, bis er im 36. Zug einen Bauern gewann. Der russische Großmeister manövrierte dann ruhig weiter und verwandelte die Partie schließlich nach 65. Zügen in einen vollen Punkt. Es war eine herausragende Partie des ehemaligen WM-Herausforderers, die von Steil-Antoni als "positionelles Meisterwerk" bezeichnet wurde.

"Ich habe vor 2 Tagen damit begonnen, am Morgen zu joggen und seitdem spiele ich viel besser", verriet Karjakin. "Wahrscheinlich jogge ich weiter!"

Jan-Krzysztof Duda scheint der Angstgegner von Vidit Gujrathi zu sein, denn von den bisher 8 gespielten Partien konnte der Pole 4 gewinnen und die anderen 4 endeten Remis. Die beiden spielten eine sehr theoretische Variante im Semi-Tarrasch und erst der 19. Zug von Schwarz war eine Neuerung.

"Der größte Teil der Partie war meine Vorbereitung", sagte Duda hinterher. "Meine Vorbereitung in dieser Eröffnung geht bis zum 25., manchmal sogar bis zum 30. Züg."

Als Vidit seinen Turm auf den Königsflügel brachte, um einen Angriff zu starten, reagierte Duda mit einer Kombination aus Laufenlassen seiner Bauern am Damenflügel und Tauschen zweier Leichtfiguren gegen einen Turm und einen Bauern. Das materielle Gleichgewicht wurde aber schnell wiederhergestellt, denn Vidit beschloss, das geringfügige zusätzliche Material zurückzugeben. Dann wiederholte Duda bald die Züge und als die Partie beendet war, hatte er noch mehr als eine Stunde auf der Uhr.

Praggnanandhaa R. und Sam Shankland saßen sich erst zum zweiten Mal gegenüber, nachdem sie letzten November beim Tata Steel India Schnellschach-Turnier Remis gespielt hatten. Diese Spieler zogen die ersten 15 Züge der Sveshnikov-Theorie in weniger als 10 Minuten. Es war die Variante mit 7.Sd5, die nach der Carlsen-Caruana-Weltmeisterschaft 2018 enorm populär geworden war.

Der Neuerung kam erst im 21. Zug, als Shankland von der Partie zwischen Arjun und Ivic von den Riga Open 2021 abwich. Interessanterweise erlaubte er mit diesem neuen Zug ein Schach und gab sein Rochaderecht auf. Was er aber wirklich erlaubte, war eine schnelle Zugwiederholung basierend auf diesem König im Zentrum, was bedeutet, dass Pragg ein sehr einfaches Remis hatte.

Praggnanandhaa Tata 2022
Praggnanandhaa war im Sveshnikov bestens vorbereitet. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Nachdem er gestern gegen den Weltmeister Remis gespielt hatte, sagte Nils Grandelius, dass für ihn jetzt ein ganz neues Turnier beginnt. "Das sieht wie ein ganz neuer Nils aus" fand auch Kommentator Robert Hess, als der Schwede den Zug 14…g5 gespielt hatte, welcher zu einem vorteilhaften Damen- und Bauernabtausch für Schwarz führte. Shakhriyar Mamedyarov, der Grandelius in der einzigen klassischen Partie bisher, bei der Europäischen Mannschaftsmeisterschaft 2011, besiegt hatte, war mit der Eröffnung absolut unzufrieden und beschloss, an Ort und Stelle ein Remis zu bieten.

Mamedyarov Grandelius Tata 2022
Einigten sich schnell auf ein Remis: Mamedyarov und Grandelius. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Vor dem FIDE Weltcup hatte Daniil Dubov gegen Andrey Esipenko mit 3:0 geführt, aber dann konnte der Rostover Esipenko den Moskauer Dubov eliminieren. In Wijk aan Zee spielten die beiden Russen eine alte klassische Variante des offenen Katalanen in der Esipenko zwar einen positionellen Nachteil in Kauf nehmen musste, die Stellung aber geschickt verteidigen konnte.

Tabelle nach der 6. Runde - Masters

# Land Name Elo Lstg. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 Punkte
1 Carlsen 2865 2851 ½ 1 ½ 1 ½ ½ 4.0 11.75
2 Vidit 2727 2864 ½ ½ ½ ½ 1 1 4.0 11
3 Mamedyarov 2767 2843 ½ 1 ½ ½ 1 ½ 4.0 10.75
4 Esipenko 2714 2827 ½ ½ ½ 1 ½ ½ 3.5 11.5
5 Rapport 2763 2778 0 0 ½ 1 1 1 3.5 7.75
6 Duda 2760 2747 ½ ½ 0 1 ½ ½ 3.0 10.25
7 Giri 2772 2751 0 ½ ½ ½ 1 ½ 3.0 9.25
8 Karjakin 2743 2743 0 ½ ½ ½ ½ 1 3.0 8
9 Caruana 2792 2673 ½ ½ 0 ½ ½ ½ 2.5 7.75
10 Dubov 2720 2684 0 ½ ½ ½ ½ ½ 2.5 7.75
11 Shankland 2708 2656 0 ½ ½ ½ ½ ½ 2.5 6.25
12 Van Foreest 2702 2679 ½ 0 0 0 1 1 2.5 6
13 Praggnanandhaa 2612 2671 0 ½ ½ ½ 0 1 2.5 5.75
14 Grandelius 2672 2546 ½ ½ 0 ½ 0 0 1.5

Kurz vor der Halbzeit des Turniers hat Erigaisi hat bereits mehr als nur einen großen Schritt in Richtung eines Platzes im Masters-Turnier 2023 gemacht. Nach seinem fünften Sieg in Folge hat er jetzt überragende 5.5 Punkte auf seinem Konto. 1.5 Punkte mehr als seine ersten Verfolger

Da ist es durchaus angebracht, dass wir seine Partie als Partie des Tages auswählen:

Erigaisi Ganguly Tata 2022
Erigaisi gegen Ganguly. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Tabelle nach der 6. Runde - Challenger

# Land Name Elo Lstg. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 Punkte
1 Erigaisi 2632 2962 1 1 ½ 1 1 1 5.5
2 Nguyen 2613 2679 ½ ½ ½ 1 ½ 1 4.0 11.75
3 Jumabayev 2631 2661 ½ 1 ½ ½ 1 ½ 4.0 9.5
4 Murzin 2519 2619 0 ½ ½ 1 ½ 1 3.5 8.75
5 L'Ami 2622 2595 ½ ½ 0 1 1 ½ 3.5 8.25
6 Bjerre 2586 2627 0 1 ½ ½ ½ 1 3.5 8.25
7 Ganguly 2627 2603 0 ½ ½ 1 ½ 1 3.5 6.75
8 Van Foreest 2539 2578 ½ 0 ½ ½ 1 ½ 3.0 9.5
9 Warmerdam 2607 2568 0 ½ ½ ½ ½ 1 3.0 8
10 Shuvalova 2516 2488 ½ 0 0 0 1 1 2.5
11 Vogel 2452 2470 0 ½ ½ 0 ½ ½ 2.0
12 Dardha 2532 2384 0 0 0 ½ ½ ½ 1.5 4.5
13 Zhu 2478 2376 0 0 ½ 0 0 1 1.5 2.5
14 Maurizzi 2502 2298 ½ ½ 0 0 0 0 1.0

Alle Partien der 6. Runde

 


Weitere Berichte vom Tata Steel Turnier:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms.

Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools.

Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013.

As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

In October, Peter's first book The Chess Revolution will be published!


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